Die USA werden zur Supermacht
Der Aufstieg der USA zur Großmacht Nummer eins begann 1898. Damals erklärten die USA dem Kolonialreich Spanien den Krieg, um es von Kuba zu vertreiben, von wo aus Spanien den Seezugang nach Florida und in den Golf von Mexiko kontrollierte.
Die USA gewannen und legten damit den Grundstein für ihre Vormachtstellung in der Welt. Denn neben Kuba fielen auch Puerto Rico, Hawaii, die Philippinen und die Insel Guam im Westpazifik an die USA.
Die USA kontrollieren weite Teile der Welt
Auf all diesen Territorien unterhalten die USA bis heute Militärstützpunkte. Weltweit sind es mehr als 700. Damit kontrollieren die USA sowohl den Atlantik und den Pazifik als auch die Schlüsselregionen der Welt: Eurasien mit seinen industriellen Zentren, den westlichen Pazifik mit seiner Nähe zu Russland und China und die Golfregion mit ihren reichen Öl- und Gasvorkommen.
Zwei andere wichtige geopolitische Machtpfeiler der USA sind der Dollar und der große Einfluss auf internationale Institutionen. Der Dollar als Leitwährung sorgt dafür, dass selbst dann Geld in die USA fließt, wenn die Wirtschaft schwächelt, wie es seit den 1990er-Jahren der Fall ist.
Als Mitglied im UN-Sicherheitsrat bestimmen die USA maßgeblich die Politik der UNO mit. Ihre wichtige Position in den internationalen Wirtschaftsinstitutionen sorgt dafür, dass der für die USA so wichtige freie Handel erhalten bleibt.
Die USA kämpfen um ihre Stellung
Unter Donald Trump verfolgten die USA von 2017 bis 2021 eine tendenziell aggressive Geopolitik. China wurde mit Strafzöllen belegt. Im Iran sollte mittels Handelsembargo und dem Ausstieg aus dem Atomabkommen ein Regime-Wechsel angestoßen werden. Dies wiederum könnte Chinas Seidenstraßen-Projekt schaden. Dazu kamen zahlreiche, meist gescheiterte Versuche, Deals zu erreichen, beispielsweise mit Nordkorea.
Mit dem Regierungswechsel in den USA änderte sich die amerikanische Politik. Nun galt nicht mehr ein zielloses "America first", sondern die Regierung arbeitete darauf hin, ihre Vormachtstellung zu behalten – dies vor allem mit Blick auf die Großmacht China.
US-Präsident Joe Biden setzt wieder auf demokratische Allianzen, die Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten und betonte kurz nach dem Amtsantritt den amerikanischen Führungsanspruch in der Welt.
Anfang 2022 stärkten zwei Ereignisse die Position der USA: Zum einen die wirtschaftlichen und damit innenpolitischen Probleme Chinas, dessen Exporte zurückgingen. Zum anderen der Einmarsch Russlands in die Ukraine, was nicht zur Demonstration der russischen Stärke, sondern für Präsident Putin binnen kürzester Zeit zum Problem wurde.
Russlands schwierige geografische Lage
In Russland wird die Geopolitik weit stärker als in den USA von der Geografie bestimmt. Obwohl es das größte Land der Erde ist, hat es keinen freien Zugang zu den Weltmeeren für seine Militär- und Handelsschiffe. Das liegt zum einen am Eis. Aber auch daran, dass sämtliche Zugänge von Nato-Partnern und -Mitgliedern kontrolliert werden.
Außerdem fehlen im Westen Russlands natürliche geografische Barrieren, die einen Einmarsch fremder Truppen verhindern oder wenigstens erschweren.
Zur Zeit des Warschauer Pakts wurde diese Funktion von den westlichen Ostblockstaaten erfüllt. Inzwischen gehören fast alle von ihnen der Nato an, was den Druck auf die russische Westgrenze weiter erhöht.
Russland will Großmacht bleiben
Um seinen Status als Großmacht zu sichern, plant Russland Marine-Stützpunkte in Vietnam, auf den Seychellen, in Kuba und Afrika. Außerdem setzt es auf seine immensen Gasvorkommen, die als Alternative zu anderen, klimaschädlichen fossilen Brennstoffen immer wichtiger werden.
Auch mit seinem Eingreifen im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten Assads hat Russland seinen Großmacht-Anspruch demonstriert.
Russland schürt gezielt Konflikte
Die völkerrechtswidrigen Militärinterventionen Russlands hängen mit seiner geografischen Schwäche zusammen. Um zu verhindern, dass weitere ehemalige Ostblock-Staaten der Nato beitreten, schürt Russland gezielt Konflikte und schreckt auch nicht vor Militäreinsätzen zurück.
2008 bombardierte es Georgien, dem die Nato-Staaten kurz zuvor die Beitrittsmöglichkeit bestätigt hatten und das von den USA mit moderner Militärausrüstung versorgt worden war. 2014 unterstützte Russland russische Separatisten in der Ukraine, auf deren Territorium der einzige ganzjährig eisfreie Militärhafen Russlands liegt.
Zuvor hatte die Ukraine ein Partnerschaftsabkommen mit der EU unterzeichnet. Im März 2014 annektierte Russland die Krim im Osten der Ukraine.
Im Februar 2022 marschierte Russland in die Ukraine ein. Über die Motive von Russlands Präsident Wladimir Putin wurde viel spekuliert – von der Schaffung eines neuen großrussischen Reichs bis zur Destabilisierung von Demokratien und dem Einsatz von Hunger als Waffe.
China auf dem Weg zur Supermacht
2017 warf die Volksrepublik China den USA den Fehdehandschuh hin. Auf dem 19. Parteitag der Kommunistischen Volkspartei kündigte Chinas Parteichef Xi Jinping an, dass die Volksrepublik bis 2050 eine "starke Macht mit führendem Einfluss in der Welt" sein werde.
Im Klartext heißt das: China will Supermacht werden, möglicherweise sogar die USA ablösen.
Entsprechend sieht die Geopolitik des bevölkerungsreichsten Landes der Welt aus. China plant, wie die USA zu einer Zwei-Meere-Macht zu werden. Dazu versucht es, Staaten mit Zugang zum Indischen und Pazifischen Ozean auf seine Seite zu ziehen.
Außerdem rüstet China massiv auf. Chinas Marine gilt inzwischen als größte der Welt, die Luftwaffe steht laut Pentagon auf Platz 3, die Zahl der Atomsprengköpfe steigt stetig an.
China first
Auch wirtschaftlich expandiert China. Die jetzt schon größte Exportnation der Welt plant mit der "Neuen Seidenstraße" einen Land-Handelsweg nach Hamburg und Rotterdam. Dazu kommt die maritime Seidenstraße entlang der asiatischen Küsten bis Afrika und Europa. Experten gehen davon aus, dass die chinesische Führung die Strecke mit Militärstützpunkten absichern wird.
Inwieweit Chinas Pläne vorankommen, hängt seit 2022 vom Ausgang des Kriegs in der Ukraine ab. Ein Sieg Russlands und ein neuer Kalter Krieg zwischen Russland und dem Westen könnte für die Neue Seidenstraße das Aus als Logistikbrücke in die EU bedeuten.
China hat mit der Neuen Seidenstraße auf den russischen Partner gesetzt und sich zu Beginn des Ukraine-Kriegs offen auf die Seite Russlands gestellt. Eine geostrategische Allianz, die für China wirtschaftlich, aber auch politisch zum Problem werden kann.
Im Südchinesischen Meer errichtet China bereits seit etlichen Jahren Militärbasen, indem es Riffe und Atolle aufschüttet. Das Land will sich damit nicht nur die Bodenschätze sichern, die Experten im Südchinesischen Meer vermuten. Die neu entstehenden Inseln bilden darüber hinaus ideale Stützpunkte, um die für China so wichtigen Handelswege im Südchinesischen Meer freizuhalten.
Dass der Internationale Gerichtshof das Vorgehen Chinas im Südchinesischen Meer verurteilt hat, ignoriert die chinesische Regierung. Grund dafür ist vermutlich auch der innere Druck. China braucht die Rohstoffe, um den Wohlstand seiner riesigen Bevölkerung zu sichern.
Die geopolitischen Folgen des Ukraine-Kriegs
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 bedeutete einen tiefen Einschnitt in der Geopolitik der Großmächte.
Russland war nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Ende des Warschauer Pakts oftmals unterschätzt und nicht mehr für eine Gefahr gehalten worden. Am deutlichsten wurde 2014 der US-amerikanische Präsident Barack Obama, der Russland als Regionalmacht verspottete. Seit 2022 gilt Russland für die NATO nicht mehr als Partner, sondern "als größte Bedrohung".
Die USA sind nach Jahren der eher zögerlichen Außenpolitik zwangsläufig auf der Weltbühne zurück. Ihr Interesse liegt nun in der Stärkung Europas gegenüber Russland und damit der Ostflanke der NATO.
China steht an der Seite Russlands, will aber als Export-Nation weder seine westlichen Wirtschaftspartner verprellen noch Sanktionen riskieren. China und Russland eint das Feindbild der Demokratie. Darüber hinaus sucht China einen starken Verbündeten beim Versuch, den US-dominierten Westpazifik unter seine Kontrolle zu bringen. Dazu gehört auch, das "abtrünnige" Taiwan mit Gewalt zurückzuerobern.
Für die kriselnde NATO änderte sich die Situation ab 2022 schlagartig: Mitglieder des westlichen Verteidigungsbündnisses stockten ihre Rüstungsausgaben auf; die schnelle Eingreiftruppe der NATO wurde um ein Vielfaches auf 300.000 Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft auf. Die bislang neutralen Staaten Schweden und Finnland beantragten die Mitgliedschaft in der NATO.
Die russische Strategie, die NATO-Osterweiterung zu stoppen, führte 2022 zur Stärkung der NATO an den Grenzen Russlands. Außer Russland werden alle Ostseeanrainerstaaten, früher Mitglieder des Warschauer Pakts, künftig der NATO angehören. Auch der Versuch, die westlichen Demokratien zu spalten und so an Stärke zu gewinnen, ist gescheitert.
UNSERE QUELLEN
- Aus Politik und Zeitgeschichte 2021: "Die USA zurück auf der multilateralen Bühne"
- Bundeszentrale für politische Bildung: "Russland als dominante Regionalmacht"
- Cicero/George Friedman: "Geopolitische Verschiebungen – Warum Amerika wieder zum Hegemon wird"
- Der Spiegel: "Joe Bidens neue US-Außenpolitik – Comeback der Diplomatie"
- Tagesschau: "NATO-Gipfel zu Russland – Vom Partner zur 'größten Bedrohung'"
- Bundeszentrale für politische Bildung: "Der Verlauf der Neuen Seidenstraße"
- Wirtschaftsdienst: "Krieg in der Ukraine – Das Ende der Neuen Seidenstraße?"
- Tagesschau: "Chinas Haltung zu Russland – Profit statt Propaganda"
- ntv: "China steckt in zwei Sackgassen – Putins Niederlage wäre Xis Horrorszenario"
- Der Spiegel: "China baut immer mehr Atomsprengköpfe"
- Statista: "Anzahl der nuklearen Sprengköpfe weltweit 2022"
- Tagesschau: "Wie stark ist Chinas Militär?"