Offenbar haben der Neandertaler und der frühe moderne Mensch (Homo Sapiens) tatsächlich gemeinsame Nachkommen gezeugt. Immerhin lebten sie in manchen Gegenden mehr als 10.000 Jahre nebeneinander.
Einige Urmenschenforscher gehen in der Tat davon aus, dass eine vereinzelte Vermischung stattgefunden hat. Denn die Fossilienfunde zeigen klare Unterschiede zwischen dem Neandertaler und dem modernen Menschen. Über 50.000 Jahre sind beide Arten getrennt nachzuweisen.
Heute kann mit molekulargenetischen Techniken eindeutig die Frage geklärt werden, ob wir mit dem Neandertaler verwandt sind oder nicht. Es ist inzwischen möglich, eine Art "Vaterschaftstest" durchzuführen. Genaugenommen müsste man aber eher von einem "Mutterschaftstest" sprechen.
Die Molekularanthropologen untersuchen nämlich die DNA aus den sogenannten Mitochondrien (mt), den Kraftwerken der Zelle. Diese mt-DNA wird im Unterschied zu der DNA des Zellkerns ausschließlich über die Mutter an die Nachkommen weitergegeben.
Die Untersuchung der mt-DNA hat mehrere Vorteile: Zum einen ist die Erblinie klar zu verfolgen, weil keine Vermischung mit dem männlichen Genom stattfindet. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, mt-DNA in den fossilen Knochen zu finden größer als bei DNA des Zellkerns. Denn jede Zelle hat nur einen einzigen Zellkern, aber viele Mitochondrien in denen jeweils ein DNA-Doppelstrang vorliegt.
Nachweis mit Hilfe der DNA
Außerdem haben Wissenschaftler gute Vergleichsmöglichkeiten, denn sie haben das Mitochondrien-Erbgut von mehr als 1000 heutigen, modernen Menschen weltweit untersucht.
Etwas Überwindung dürfte die Urmenschenforscher dieses Vorgehen wohl gekostet haben. Schließlich mussten sie ein Stück aus den Jahrtausenden alten Knochen heraussägen, um die mitochondriale DNA isolieren zu können und ihre Analysen durchzuführen.
Das Ergebnis: Vergleicht man die DNA von uns Menschen heute, zeigt sich, dass wir uns kaum voneinander unterscheiden. Dabei spielt es keine Rolle, auf welchem Kontinent wir leben. Dagegen unterscheidet sich die DNA von Neandertalern von der unseren.
Dieser Befund unterstützt die heute vorherrschende Theorie, dass die Eiszeit-Menschen nicht unsere direkten Vorfahren waren, sondern eine eigene Spezies.
Neandertalerfrau in Fellkleidung
(Erstveröffentlichung 2006. Letzte Aktualisierung 22.06.2020)
Quelle: WDR