Oldtimer
Automobil-Pioniere
Wer hat das Automobil erfunden? Obwohl Carl Benz' Motorwagen von 1886 oft als "erstes Auto der Welt" bezeichnet wird, ist die historische Faktenlage nicht eindeutig. Schon der Begriff "Chauffeur" legt nahe, dass die Ursprünge des Autos nicht in Deutschland lagen: Das französische Wort bedeutet nämlich eigentlich "Heizer".
Von Christoph Teves und Christoph Pranter
Nicolas Joseph Cugnot (1725-1804)
Das Gefährt, das der französische Artillerieoffizier Nicolas Joseph Cugnot 1769 der Pariser Öffentlichkeit vorstellte, erinnert weniger an heutige Autos als vielmehr an einen aufgemotzten Lastkarren. Drei mächtige Holzräder bewegten eine große Ladefläche, und vor dem Vorderrad hing der schwere Dampfkessel, der den Dampfwagen ("Fardier à vapeur") antreiben sollte.
Schon das Äußere machte klar: Einen Personenwagen hatte Cugnot nicht konstruiert. Der Dampfwagen sollte Kanonen an die Front bringen. Cugnot benutzte das bekannte Dampfmaschinenprinzip, um ein Fahrzeug anzutreiben.
Ein faszinierender Gedanke, doch die Jungfernfahrt geriet enttäuschend: Cugnots Wagen ließ sich kaum lenken, alle paar Minuten brauchte die Maschine eine Pause und die Geschwindigkeit betrug mäßige vier Kilometer pro Stunde. Manche Quellen berichten gar, der Wagen sei gegen eine Mauer geknallt und Cugnot somit für den ersten Autounfall der Geschichte verantwortlich.
Selbst das erste Auto verursachte schon Unfälle (1769)
Cugnots Dampfwagen gilt als eines der ersten Fahrzeuge, die sich aus eigener Kraft vorwärts bewegten. Doch trotz aller Weiterentwicklungen und Verbesserungen hatten die mit Dampf angetriebenen Fahrzeuge letztlich gegen ihre Konkurrenten mit Verbrennungsmotor keine Chance. Zu hoch war ihr Gewicht, zu aufwendig und kompliziert ihr Betrieb.
Carl Benz (1844-1929)
37 435 – fünf simple Ziffern, die aber das Herz so manches Historikers und Autofans höher schlagen lassen. Unter der Nummer 37 435 erhielt nämlich Carl Benz am 29. Januar 1886 das Patent auf seinen Motorwagen. Für viele war das die Stunde Null des modernen Autos, auch wenn Benz' Dreirad mehr wie eine Kutsche aussieht: Der Fahrer sitzt wie ein Kutscher auf dem Wagen, zwischen zwei großen Rädern.
Statt der Zügel hält er ein kleines Lenkrad in den Händen, mit dem er das vordere der drei Räder bewegen kann. Angetrieben wird der Wagen von einem Viertaktmotor. Diesen hatte Nicolaus August Otto (1832-1891) um 1866 entwickelt, damals noch mit einem Gas-Luftgemisch als Brennstoff. Benz' Motorwagen lief dagegen mit Benzin.
Carl Benz' "Patent-Motorwagen" von 1886
Bertha Benz (1849 - 1944)
Der Benz-Motorwagen war entwickelt, aber die deutsche Öffentlichkeit reagierte verhalten. Zu tief saß das Misstrauen gegen das lärmende, zischende Gefährt. Der wirtschaftliche Erfolg ließ auf sich warten. An einem Augustmorgen des Jahres 1888 ergriff Bertha Benz die Initiative: Zusammen mit ihren beiden Söhnen bestieg sie den Motorwagen ihres Mannes.
Ohne dessen Wissen brach sie zur ersten Überlandfahrt in der Geschichte des Automobils auf. Die Reise ging über rund 100 Kilometer von Mannheim nach Pforzheim. Treibstoffnachschub bekam das Trio unterwegs in einer Apotheke. Erst als sie mit Einbruch der Dämmerung das Ziel erreicht hatte, informierte Bertha Benz per Telegramm ihren Mann über den erfolgreichen Verlauf der Fahrt.
Bertha Benz war davon überzeugt, dass man den Menschen die Gebrauchstüchtigkeit des Motorwagens in der Praxis beweisen musste. Welchen besseren Beweis konnte es geben als eine ''schwache Frau'', die die explosiven Kräfte des dreirädrigen Fahrzeugs bändigte und mit ihren Kindern wohlbehalten am Zielort eintraf?
Auch wenn einige Quellen behaupten, nicht Bertha Benz, sondern ihre Söhne hätten in Wahrheit den Wagen gesteuert – eine gelungene PR-Aktion für das Automobil war die Fahrt allemal. Möglicherweise trug sie auch ein wenig dazu bei, dass Carl Benz' Firma bis zur Jahrhundertwende zum weltweit führenden Automobilhersteller wurde.
Bertha Benz, resolute Frau des Erfinders Carl Benz
Gottlieb Wilhelm Daimler (1834-1900)
Zeitgleich mit Carl Benz tüftelte auch der Motorenkonstrukteur Gottlieb Daimler im schwäbischen Cannstatt an motorisierten Gefährten. Gemeinsam mit seinem Assistenten Wilhelm Maybach (1846-1929) entwickelte er zunächst den "Reitwagen" – das erste Zweirad, das mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet war und deshalb als erstes Motorrad der Welt gilt.
In Serie ging der "Reitwagen" allerdings nie – vielleicht, weil Daimler ein Jahr später die Motorkutsche erfand und von da an mit der Entwicklung des Autos alle Hände voll zu tun hatte. Mit der Daimler Motorkutsche bekam das Auto ein viertes Rad, die Ähnlichkeit zur Kutsche blieb freilich zunächst bestehen. Doch dem Erfolg der Automobile verliehen Daimlers Motorkutsche und ihre Weiterentwicklungen entscheidenden Schwung.
Zusammengearbeitet haben Daimler und Benz zu Lebzeiten übrigens nie. Erst im Jahr 1926 kam es zum Zusammenschluss der beiden ehemaligen Konkurrenzfirmen.
Gottlieb Wilhelm Daimler
(Erstveröffentlichung: 2004. Letzte Aktualisierung: 24.04.2018)
Quelle: WDR