Der Jahrhundertsturm "Lothar"
Orkan Lothar fegte am zweiten Weihnachtsfeiertag 1999 mit Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern pro Stunde über Frankreich, die Schweiz und Südwestdeutschland hinweg. Der gewaltige Sturm kostete mehr als einhundert Menschen das Leben.
Versicherungen schätzten die volkswirtschaftlichen Schäden auf mehr als elf Milliarden Euro. Die Menschen in der Bretagne wurden besonders hart getroffen, da kurz vorher der Öltanker "Erika" vor der bretonischen Küste gesunken war und dabei rund 17.000 Tonnen seiner Ladung verloren hatte.
Nun trieb Orkan Lothar die Ölteppiche vor sich her. Sie verteilten sich auf einem 400 Kilometer langen Küstenstreifen – der traurige Höhepunkt einer gigantischen Ölpest.
Lothar traf die Bewohner der Bretagne und Normandie völlig unvorbereitet im Schlaf und hinterließ zerstörte Landstriche, Dörfer und Städte.
Der Sturm zerstörte auch einen Teil der gotischen Kathedrale Notre-Dame in Rouen, auf die ein 26 Tonnen schwerer Turm stürzte. Die altehrwürdige Pariser Kathedrale Notre-Dame und das Panthéon wurden ebenfalls beschädigt.
300 Kilometer breite Schneise der Verwüstung
Auf seinem Weg nach Paris übertraf Lothar bereits alle Wetterdaten, die man von Orkantiefs über Kontinentaleuropa kannte. In der Metropole hinterließ er ein Desaster und traumatisierte Menschen. Der Verkehr brach zusammen. Die meisten Sturmtoten waren in Frankreich zu beklagen.
Auf dem Weg von der Bretagne bis ins Elsass und die Vogesen mähte Lothar ganze Wälder nieder. Europaweit wurden 200 Millionen Festmeter Holz umgerissen. Kaum sechs Stunden, nachdem der Sturm die französische Küste erreicht hatte, überschritt er die Grenze nach Deutschland. 17 der mehr als 100 Opfer kamen in Deutschlands Südwesten ums Leben: von Dachziegeln getroffen, in ihren Autos begraben, von Bäumen erschlagen.
Orkan "Martin" fegte 1999 über Frankreich und Spanien
Nur einen Tag nach Orkan Lothar folgte die nächste Sturmattacke. Mit etwas südlicherer Zugbahn fegte am 27. Dezember 1999 Orkan "Martin" über Frankreich und Spanien hinweg. Ein zweiter Peitschenschlag gegen die atlantische Küste. Der Sturm erreichte seinen Höhepunkt in der Mitte der Nacht – mit einer Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde auf der Île d’Oléron.
Wieder knickten Strommasten um wie Streichhölzer. Dreieinhalb Millionen Haushalte waren ohne Strom, die Wasserversorgung brach vielerorts zusammen. Auf Lothar und Martin folgten schwere Hochwasser. Frankreich stand einige Stunden vor dem völligen Zusammenbruch.
Orkan Martin war nicht weniger zerstörerisch als Lothar. Ganze Wälder wurden einfach umgemäht, er hinterließ kilometerbreite Schneisen mit niedergeworfenen, zerborstenen Pinien.
2007 folgte "Kyrill"
Ebenfalls vom Atlantik kommend, zog am 18. Januar 2007 das Orkantief "Kyrill" über Nordengland und die Nordsee weiter in Richtung Ostsee und Baltikum. Mit Spitzenböen von 225 Kilometern pro Stunde war Kyrill seit Orkan Lothar der schwerste Wintersturm.
Europaweit kamen 47 Menschen ums Leben. Der Bahnverkehr musste in weiten Teilen Mitteleuropas eingestellt werden, zahlreiche Regionen hatten längere Stromausfälle.
Der Sturm erfasste große Teile von Deutschland, besonders heftig wütete er in Nordrhein-Westfalen. Hier fielen rund 25 Millionen Bäume um, das entspricht der Holzernte von drei Jahren. Kyrill knickte mehr als 500 Strommasten um und beschädigte mehr als 1,7 Millionen Häuser. Europaweit wurde der volkswirtschaftliche Gesamtschaden auf zehn Milliarden Euro geschätzt.
"Klaus" verwüstete große Teile Mitteleuropas
Am 23. Januar 2009 braute sich über dem nördlichen Atlantik wieder ein explosives Orkantief zusammen. Orkan Klaus raste während der kommenden zwei Tage über Nordspanien, Südwestfrankreich und Italien hinweg. In Andorra in den Pyrenäen erreichte der Sturm Spitzenböen von 216 Kilometern pro Stunde.
Für 1,7 Millionen Menschen in den am stärksten betroffenen Regionen Frankreichs fiel die Stromversorgung aus. Um die Bevölkerung vor solchen Extremwetter-Ereignissen besser warnen zu können, hatte Méteo-France nach Lothar ein neues Warnsystem aufgebaut. Klaus war der erste Sturm, der in vielen Départements die Warnstufe Rot auslöste.
Aus Südfrankreich kamen ähnlich bedrückende Nachrichten wie nach Orkan Lothar zehn Jahre zuvor. Mehr als 60 Prozent der Wälder Südfrankreichs wurden zerstört, an der Flussmündung der Gironde musste das Atomkraftwerk Blayais abgeschaltet werden. 32 Menschen wurden durch den Sturm getötet.
(Erstveröffentlichung 2010, letzte Aktualisierung 23.07.2019)