Schäferei

Schafhaltung

Bis Ende des 18. Jahrhunderts war die Schafhaltung in Deutschland eine Erfolgsgeschichte. Rund 30 Millionen Schafe wurden nur für die Wollproduktion gehalten. Noch im 19. Jahrhundert weideten knapp 900.000 Schafe in Baden und Württemberg – mehr als in Frankreich und Spanien zusammen.

Von Catharina Clausen

Schafhaltung in Deutschland

Für die Wanderschäferei im süddeutschen Raum waren Schwäbische Alb und Fränkische Alb die wichtigsten Sommerweidegebiete. Bis in die frühen 1950er-Jahre wurden Schafe in Deutschland vor allem auf den Wollertrag gezüchtet.

Durch neue Fasern wie Baumwolle und chemische Fasern sowie den Import von günstigerer Wolle wandelte sich das Bild allerdings: Bekam man 1950 noch 4,50 DM für das Kilo Wolle, sind es heute nur noch 0,50 Euro.

Schafzucht weltweit

Weltweit gibt es heute ungefähr eine Milliarde Hausschafe, wovon rund 40 Prozent in Asien leben. Weitere 20 Prozent finden sich in Afrika, 15 Prozent in Ozeanien und Australasien (vor allem Neuseeland und Australien), die restlichen 25 Prozent verteilen sich auf Europa und Amerika.

In Australien und Neuseeland züchtete man von Anfang an gezielt mit Merino-Schafen, um vor allem die Woll- und Fleischqualität stetig zu optimieren. Durch den ausreichenden Platz sind Herden mit bis zu 10.000 Tieren dort keine Seltenheit. Fleisch und Wolle können viel günstiger produziert werden. So stellen diese Länder heute auch Konkurrenten für den europäischen Markt dar.

Konkurrenzlos günstig: Wolle aus Neuseeland | Bildquelle: imago/Schwörer Pressefoto

Konkurrenz auf dem Fleischmarkt

In Australien leben 125 Millionen Schafe, in Europa ist Großbritannien mit rund 35 Millionen Tieren das Land mit den meisten Schafen. Heute gibt es in Deutschland noch rund zwei Millionen Schafe. Die Hälfte aller in Deutschland gehaltenen Schafe lebt in Koppelhaltung.

Während Lammfleisch noch das wichtigste Produkt ist, erzielt man in Deutschland mit Wolle kaum noch Gewinn. Die Schur kostet meist mehr als sie einbringt. Wolle wird günstiger aus Australien und Neuseeland importiert, wo große Herden Platz finden und die Schur günstig ist. Die europäische Wolle wiederum landet auch mal billig auf dem chinesischen Markt.

Auch das Fleisch wird anderswo günstiger produziert. Dementsprechend decken die deutschen Schafe nur noch 40 Prozent des Verbrauchs in Deutschland ab, der ohnehin nur bei 900 Gramm pro Kopf im Jahr besteht. Als Milchlieferant spielt das Schaf mit rund 20.000 gemolkenen Tieren in Deutschland auch nur eine kleine Rolle. Die Zahl der Schafhalter ist in den vergangenen Jahren weiter gesunken.

Die Wanderschäfer mit ihren Herden, die das idyllische Bild in der Öffentlichkeit prägten, sind dabei nicht nur in der Minderheit, sondern auch weiter im Rückgang: 1994 machten sie noch einen Anteil von 15 Prozent aus, die Tendenz ist seit mehr als 20 Jahren rückläufig.

Das Schäferleben wird schwieriger

Die Gründe für die sinkenden Zahlen der Schafhalter in Deutschland sind vielfältig: Auf der einen Seite stehen die fehlenden Einnahmequellen aus dem Verkauf von Schafprodukten wie Wolle und Fleisch. Auf der anderen Seite hängt mittlerweile die Existenz vieler Schäfer von Förderungen für die Landschaftspflege ab.

Dabei gibt es unterschiedliche Einkommensquellen für die Beweidung – von der Flächenförderung auf Ebene bis zum privaten Grundstücksbesitzer, der seine Flächen freihalten will. Für Wanderschäfer stehen immer weniger Wege und Flächen zur Verfügung. Gerade sie sind aber darauf angewiesen, denn ist eine Weidefläche leer gefressen, müssen die Schäfer mit ihren Tieren weiterziehen.

Ehemalige Triebwege sind mittlerweile oft durch Straßen und Bebauungen zerschnitten oder unpassierbar, für jeden Landkreis müssen Treibgenehmigungen eingeholt werden. Und eine Schafherde mit 400 Schafen transportiert man nicht einfach mit dem Auto. Außerdem fehlt es den Schafhaltern an Nachwuchs. Die Schäferei droht auszusterben.

Viele Schafe in Deutschland werden mittlerweile nur noch als Hobby gehalten. Dabei werden Bio- und regionale Waren immer stärker nachgefragt und gerade die natürliche Freilandhaltung von Schafen, die im Kontrast zur oft unwürdigen Massentierhaltung von Kühen und Schweinen steht, könnte auf die erwünschte Nachfrage treffen.