Religion
Jesus von Nazareth
Jesus von Nazareth ist die zentrale Figur des christlichen Glaubens. Das Neue Testament beschreibt ihn als den Sohn Gottes und erzählt von seinen wundersamen Taten und Gleichnissen. Dabei ist über den tatsächlichen Menschen Jesus nicht viel bekannt.
Von Cordula Weinzierl und Wiebke Ziegler
Der historische Jesus
Der Legende nach wurde Jesus in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember im Jahre 0 geboren. Doch der 25. Dezember ist nur ein symbolisches Datum, das erst viel später als Geburtstag festgelegt wurde.
Tatsächlich wurde Jesus vermutlich schon einige Jahre früher geboren als zunächst gedacht: wahrscheinlich um das Jahr 4 oder 6 vor unserer Zeitrechnung. Wo genau er geboren wurde, ist selbst in der Bibel umstritten: Das Lukas-Evangelium, das zu Weihnachten oft als "Weihnachtsgeschichte" vorgelesen wird, spricht von Bethlehem. Das Markus-Evangelium dagegen, das um 70 nach Christus entstand und damit etwas älter ist, nennt Nazareth als Geburtsort.
Aufgewachsen jedenfalls ist Jesus vermutlich in Nazareth. Deshalb nennt man ihn auch "Jesus von Nazareth". Nazareth liegt heute im Staat Israel.
Die Geburtskirche in Bethlehem wurde über der Stelle errichtet, wo Jesus geboren worden sein soll
Jesus hatte einige Geschwister – namentlich erwähnt sind nur seine Brüder Jakobus, Joses, Judas und Simon; seine Schwestern werden nicht benannt. Gemeinsam mit ihnen wuchs er bei seinen Eltern, Joseph und Maria, in einem kleinen Dorf auf. Seine gesamte Familie war jüdisch.
Ziemlich sicher ist, dass Jesus, ebenso wie sein Vater, Bauhandwerker war und einige Jahre in diesem Beruf tätig war. Seine Muttersprache war Aramäisch, wahrscheinlich lernte er auch Griechisch und später Hebräisch.
Obwohl er vermutlich nur kurze Zeit zur Schule ging, konnte er lesen und schreiben. Im Laufe der Jahre entwickelte er beeindruckende sprachlichen Fähigkeiten, denn nur so konnte er seine anschaulichen Gleichnisse und aussagekräftigen Sprüche formulieren.
Jesus wird Prediger
Der entscheidende Wendepunkt im Leben Jesu war die Begegnung mit Johannes dem Täufer. Der rief die Menschen zur Umkehr auf und ging davon aus, dass bald der Messias erscheinen würde. Jesus war von der Botschaft des Johannes so überzeugt, dass er sich dessen Bewegung anschloss. Er ließ sich taufen, verließ seine Familie und Freunde und widmete sich von nun an nur noch der Religion.
Schon bald fing er selbst an zu predigen und scharte eine wachsende Gruppe von Anhängern um sich. Schließlich trennte er sich von Johannes und wurde selbstständiger Prediger.
Die Bibel berichtet, wie Jesus (rechts) von Johannes getauft wird
Seine besondere Ausstrahlung machte Jesus schnell zu einer Art lokalen Berühmtheit. Seine neue, etwas freiere und oft revolutionäre Auslegung der jüdischen Schriften kam bei vielen Menschen seiner Zeit gut an.
In seinen Predigten richtete sich Jesus an alle Bevölkerungsschichten – nicht ausschließlich an die Ausgestoßenen, Kranken und Armen, wie es oft dargestellt wird. Er stellte sich mit allen Menschen auf eine Stufe, aß und trank gemeinsam mit ihnen und sprach über das "Reich Gottes".
Die Kreuzigung
Jesus predigte immer an öffentlichen Plätzen und war deswegen weit über die Grenzen seiner Heimatregion Galiläa hinaus bekannt. Es wird vermutet, dass er aufgrund seiner revolutionären Auslegung der jüdischen Schriften von der traditionellen jüdischen Glaubensgemeinschaft als Gefahr angesehen wurde. Der Unruhestifter musste also vermutlich aus dem Weg geräumt werden.
Wahrscheinlich wurde er nicht von den Römern selbst verhaftet, sondern von der jüdischen Führungsschicht, die ihn schließlich an die Römer übergab. Das Ende der Geschichte ist bekannt: Pontius Pilatus verurteilte Jesus zum Tod durch Kreuzigung. Wie alt genau er wurde, weiß man nicht – Forscher gehen davon aus, dass Jesus bei seinem Tod 30 bis 40 Jahre alt war.
Jesus starb am Kreuz
Religiöse Quellen über Jesus' Leben
In der Bibel findet man vier verschiedene Versionen des Lebens und Wirkens Jesu. Die vier Evangelisten Markus, Matthäus, Lukas und Johannes verfassten ihre Texte über Jesus erst viele Jahre nach dessen Kreuzigung, etwa zwischen den Jahren 70 und 100.
Dabei ging es ihnen weniger um Privates wie seine Familie, Freundschaften, Liebesbeziehungen, seine Kindheit oder seine Jugend. Vielmehr berichten sie vor allem über seine Zeit als Prediger, über seine religiöse Botschaft und die Wunder, die er vollbracht haben soll.
Obwohl die vier Evangelien im Neuen Testament nur teilweise übereinstimmen und bisweilen sehr lückenhaft sind, bilden sie bis heute das Fundament des christlichen Glaubens. Auch im Islam wird Jesus als einer der großen Propheten und Gesandten Gottes verehrt. Der Koran nennt ihn auch Iŝa oder Messias ("al-Ma-sih") und erwähnt ihn in 15 Suren und 108 Versen.
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 11.06.2024)
Quelle: SWR/WDR