Am 25. Dezember 1952 war die offizielle Geburtsstunde des deutschen Fernsehens. 800 angemeldete Empfangsgeräte gab es zu diesem Zeitpunkt. Das frühe Fernsehprogramm bestand aus Nachrichten sowie Bildungs- und Unterhaltungsprogrammen.
1958 hatte sich die Zahl der Fernsehgeräte in Westdeutschland bereits auf 1,2 Millionen erhöht. Und 1958 gilt auch als Geburtsjahr für den deutschen Fernsehkrimi. Am 14. März 1958 ging die Reihe "Stahlnetz" auf Sendung. Der Inhalt der einzelnen Folgen basierte auf realen Kriminalfällen. Zehn Jahre blieb "Stahlnetz" im Programm, dann lief die Serie aus und wurde 1970 durch den "Tatort" ersetzt.
Im Osten Deutschlands dagegen gab es lange Zeit keine Fernsehkrimis. Denn – so sah es die politische Führung – in der dortigen Gesellschaft hatte es keine Kriminalität zu geben. Als Gegenstück zum "Tatort" startete das Fernsehen der DDR schließlich ab 1971 die Reihe "Polizeiruf 110". Diese Reihe hat das Ende der DDR überlebt und ist wie der "Tatort" bis heute fester Bestandteil des deutschen Fernsehprogramms.
"Polizeiruf 110" wird immer noch ausgestrahlt
Wie groß das Interesse an Fernsehkrimis war, zeigte sich bereits 1962. Die sechsteilige Verfilmung des Durbridge-Krimis "Das Halstuch" entpuppte sich als absoluter Straßenfeger. Kinos und Volkshochschulen beschwerten sich, dass ihr Publikum ausblieb, wenn die "Halstuch"-Folgen liefen.
"Das Halstuch" von Francis Durbridge war in Deutschland ein Straßenfeger
Das ging so weit, dass der Schauspieler und Kabarettist Wolfgang Neuss in einer Werbeannonce für seinen damals neuen Kinofilm den Mörder der Serie verriet, im naiven Glauben, die Zuschauer würden dann lieber in seinen Film gehen. Ein böser Fehler im krimibegeisterten Deutschland, der ihm Zeit seines Lebens nachgetragen wurde.
Ein weiterer Krimistraßenfeger des frühen deutschen Fernsehens war der Dreiteiler "Die Gentlemen bitten zur Kasse" von 1966. Hier wurde mit Horst Tappert in der Hauptrolle der tatsächliche Überfall auf einen britischen Postzug im Jahr 1963 nachgespielt.
Horst Tappert als Posträuber in "Die Gentlemen bitten zur Kasse"
Das Interesse an Kriminalfällen zeigte sich im Fernsehen der 1960er-Jahre an vielen Stellen. 1961 startete die ARD die Reihe "Das Fernsehgericht tagt", in der wie in heutigen Gerichtsshows Straftaten verhandelt wurden.
Eine besonders ungewöhnliche Form des Fernsehkrimis war die Serie "Dem Täter auf der Spur", die von 1967 bis 1973 lief. Prominente Zeitgenossen saßen mit dem Regisseur Jürgen Roland in einem Fernsehstudio und sahen sich einen Krimi an. Dann wurde in einer Diskussionsrunde gefachsimpelt, wer wohl der Mörder sei, bevor die Auflösung gezeigt wurde.
1963 bekamen die Deutschen mit dem "Zweiten Deutschen Fernsehen" (ZDF) einen weiteren Fernsehsender. 1967 entwickelte das ZDF eine Art "Reality-Krimi": "Aktenzeichen XY" machte den Zuschauer zum wirklichen Detektiv. Eduard Zimmermann zeigte ungelöste echte Kriminalfälle und konnte tatsächlich diverse Täter durch Mitarbeit der Zuschauer ermitteln. Auch diese Sendung hatte enorme Einschaltquoten.
30 Jahre lang moderierte Eduard Zimmermann "Aktenzeichen XY"
1969 ging dann die ZDF-Reihe "Der Kommissar" auf Sendung, geschrieben von dem legendären Autor Herbert Reinecker. Noch während er mit den insgesamt 97 Drehbüchern für den "Kommissar" beschäftigt war, entwickelte er den noch erfolgreicheren Ableger "Derrick". Der einstige Postzugräuber-Darsteller Horst Tappert wechselte die Seite und spielte hier den Kommissar.
Mit "Derrick" gelang dem deutschen Fernsehen ein absoluter Exportschlager. Rund 100 Länder haben die Serie ausgestrahlt. 1998 wurde sie nach 281 Folgen eingestellt, Tappert fühlte sich mit inzwischen 75 Jahren ein wenig zu alt für einen Kommissar.
Deutschlands erfolgreichster Fernsehkommissar Derrick (links)
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 03.12.2019)
Quelle: WDR