Justitia, Symbol der Gerechtigkeit, an einer Scheibe am Eingang zum Kölner Oberlandesgericht

Korruption

Schwieriger Kampf gegen Korruption

Der Kampf gegen Korruption ist mühsam. Fehlendes Unrechtsbewusstsein und schwierige Informationsbeschaffung erschweren den Strafverfolgungsbehörden die Arbeit.

Von Christoph Teves und Karin Soltani

Probleme der Strafverfolger

Einen Korruptionsparagraphen gibt es im deutschen Strafrecht nicht. Delikte, die unter Korruption fallen, finden sich im Strafgesetzbuch unter anderem unter den Stichworten "Wählerbestechung", "Abgeordnetenbestechung", "Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung" oder "Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr".

Da die Folgen von Korruption oft nicht zu beziffern sind und häufig ein direkt Geschädigter fehlt, spricht man von einem "opferlosen Delikt".

Strafrechtliche Verfahren werden in vielen Fällen eingestellt oder gegen Geldbuße beendet. Zudem verjähren Taten, die ein Höchststrafmaß von fünf Jahren Freiheitsentzug haben, nach fünf Jahren. Das ist sehr kurz für die oft komplexen Delikte der Wirtschaftskriminalität.

Viele Verstöße kommen erst ans Licht, wenn zum Beispiel Mitarbeiter aus Unternehmen ausscheiden und im Nachhinein über Korruption in ihrer Firma sprechen.

Deutschland hinkte lange hinterher

2003 wurde mit der UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) der erste weltweite Vertrag zur Korruptionsbekämpfung ins Leben gerufen. Er beinhaltet Vorgaben für die Einstellung von Verwaltungsbeamten, die Verfolgung von Korruption, Vorschläge für den Umgang mit Korruptionsgewinnen und die Forderung nach einer unabhängigen Justiz.

Unzählige Hängeregister liegen gestapelt auf einem Schreibtisch mit Aktenordnern

Kor­rup­ti­ons­fäl­le fül­len viele Ord­ner

Bis heute haben 186 Staaten diese Konvention ratifiziert (Stand: 2020) – Deutschland erst im November 2014. Strittiger Punkt war lange die Bestechung von politischen Abgeordneten, die erst seit 2014 durch ein verschärftes Gesetz in Deutschland strafbar ist.

Initiativen mit Vorbildcharakter

Zur Eindämmung von Bestechung in der öffentlichen Verwaltung geben zahlreiche Kommunen Antikorruptionskonzepte als Richtlinienkatalog für ihre Mitarbeiter aus. Als Vorbild dient dabei häufig das Konzept der bestechungsgebeutelten Stadt Wuppertal. Ein Netzwerk aus Unternehmen, Politikern, Medien- und Kirchenvertretern hatte die städtische Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) systematisch geplündert und für einen Schaden von 50 Millionen D-Mark gesorgt.

Um so etwas für die Zukunft zu verhindern, schrieb die Stadt Wuppertal 2003 als eine der ersten Städte konkrete Handlungsanweisungen gegen Korruption fest. Ein Jahr später verabschiedete Nordrhein-Westfalen ein Antikorruptionsgesetz, das die Schaffung eines Registers über korrupte Unternehmen beinhaltete. Dieses soll verhindern, dass korrupte Firmen oder Personen öffentliche Aufträge bekommen.

Es gibt ein Dilemma bei allen Gesetzen zur Bestechungsbekämpfung: Korruption ist ein Kontrolldelikt. Strafverfolgungsbehörden können nur das aufdecken, was sie kontrolliert haben. Wo die Bildung von Seilschaften nicht als Unrecht empfunden wird, wird kein Verdacht auf Korruption gemeldet. Und wenn kein Verdacht vorliegt, wird auch nicht kontrolliert.

Eine Männerhand übergibt einer anderen eine Rolle Geldscheine

Eine Hand wäscht die andere?

Deshalb setzen die Kämpfer gegen Korruption auf Aufklärung und Sensibilisierung: Im allgemeinen Bewusstsein muss verankert werden, dass Korruption kein Kavaliersdelikt ist, sondern kriminelles Verhalten, das die Allgemeinheit schädigt.

Außerdem ist wichtig, dass Vorgänge, die im Verborgenen ablaufen, transparent werden. Das gilt für Spenden, Sponsoring und vor allem für die Arbeit innerhalb öffentlicher Behörden.

Whistleblower sind das A und O

Um Korruption bekämpfen zu können, sind die Strafverfolgungsbehörden auf Informanten angewiesen, die das korrupte Verhalten überhaupt erst aus dem Dunkeln zerren. Solche Informanten werden auch als "Whistleblower" bezeichnet (zu deutsch etwa: jemand, der wie ein Schiedsrichter in die Trillerpfeife bläst).

Ohne Whistleblower könnte Korruption nicht aufgedeckt werden, da es sich um ein Heimlichkeitsdelikt handelt, von dem nur die Beteiligten und Menschen in ihrer unmittelbaren Nähe etwas wissen.

Indem ein Whistleblower Missstände in seiner Organisation, Partei oder Firma meldet, geht er oft erhebliche persönliche Risiken ein. Er kann wegen Verletzung seiner Schweigepflicht über Betriebsgeheimnisse bestraft werden, muss als "Nestbeschmutzer" und "Denunziant" mit Mobbing oder gar dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen.

Schiedsrichter pfeift in eine Trillerpfeife

Ohne "Whistleblower" bleiben viele Korruptionsfälle unentdeckt

Deshalb trauen sich viele Menschen nicht, Korruption zu melden. Informanten müssen darum unterstützt und geschützt werden. Dafür gibt es in vielen Kommunen und Unternehmen Ombudsleute.

Ein Ombudsmann ist eine Art Vertrauensperson, nach Möglichkeit ein unparteiischer Außenstehender (oft ein Rechtsanwalt oder ein ehemaliger Richter), dem Verdachtsfälle gemeldet werden können und der sich dann entsprechend darum kümmern soll. Er muss verschwiegen sein und die Informanten schützen.

Einige Unternehmen bezeichnen ihre Ombudsleute auch als "Compliance Officer", die darüber wachen, dass die ethischen Grundsätze der Firma eingehalten werden – eine Stelle zwischen interner Revision und Beschwerdestelle.

Es gibt inzwischen auch technische System, die eine anonyme Meldung von Korruptionsvorgängen ermöglichen. Das Landeskriminalamt Niedersachsen hat beispielsweise auf seiner Internetseite ein Meldesystem eingerichtet, über das man anonym Bericht erstatten kann, wenn man den Eindruck hat, in einem Unternehmen oder in einer Behörde laufe etwas falsch.

(Erstveröffentlichung: 2011. Letzte Aktualisierung: 10.07.2020)

Quelle: WDR

Darstellung: