Die Biermetropole im Ruhrgebiet
Dortmund wurde erstmals im Jahr 880 nach Christi Geburt urkundlich erwähnt. In einer Aufstellung über gezahlten Zins ist in den Büchern der Abtei zu Werden eine Siedlung namens "Throtmani" oder auch "Trutmunia" zu finden.
Die damals eher noch unbedeutende Siedlung mauserte sich mit den Jahren zu einer der reichsten und bedeutendsten Städte in Deutschland.
Im 13. Jahrhundert war Dortmund als Mitglied der Hanse zu einer wichtigen Drehscheibe des internationalen Handels geworden. Eines der Hauptprodukte der westfälischen Stadt: das Bier. Das Gebräu findet in der Stadtchronik Dortmunds zum ersten Mal im Jahr 1266 urkundliche Erwähnung.
Zwischenzeitlich war die Stadt sogar Europas Biermetropole Nummer 1. Mit dem Dortmunder Export, einer eigenen Biersorte, erlangte sie Weltruhm. Das Dortmunder Bier ist bis heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der Ruhrgebietsstadt.
Die Anfänge der Dortmunder Braugeschichte
Die Dortmunder Biergeschichte beginnt offiziell im Jahr 1266 mit der urkundlichen Erwähnung eines Bieres, das in der damaligen Hansestadt gebraut wurde. Das Reinheitsgebot war noch nicht erfunden und so durften die Brauer das Bier noch mit mehr herstellen als nur mit Hopfen, Malz und Wasser.
Die Menschen in Dortmund liebten das Grutbier, das mit verschiedenen Extrakten gewürzt und vergoren wurde: aus Myrten, Rosmarin, Wacholder, Lorbeeren, Kümmel, Anis, Kirschen und Harz. Geschmacklich und optisch hatte diese Mischung mit dem Bier von heute nicht viel gemein.
Aber die dickflüssige und trübe Brühe fand viele Freunde und reißenden Absatz. Das Gebräu stieg schnell in den Kopf und verursachte starke Halluzinationen – was der Beliebtheit keinen Abbruch tat.
Der Hopfen ersetzt die Gewürze
Ein wichtiger Meilenstein in der Dortmunder Braugeschichte war das Jahr 1293. König Adolf von Nassau verlieh der Stadt das Recht, Bier zu brauen. Zunächst das widerrufliche, drei Jahre später das unwiderrufliche Recht.
Für den Landesherren war das kein uneigennütziges Unterfangen: Er erhob eine Steuer auf das Brauen von Bier – und füllte damit seinen Säckel. 1332 wurde das Dortmunder Braumonopol durch Kaiser Ludwig IV. bestätigt, was der Stadt Dortmund sichere Einkünfte und Wohlstand bescherte. Der Bierumsatz belief sich zwischen 1390 und 1398 immerhin auf jährlich bis zu 2400 Tonnen Grutbier.
1477 brachte dann eine Neuerung für die Bierbrauzunft. Die exotischen Würzmischungen hatten ausgedient und wurden durch Hopfen ersetzt. Der machte das Bier nicht nur schmackhafter und bekömmlicher, sondern auch haltbarer. Für die damalige Zeit war das eine große Errungenschaft.
Denn haltbares Bier ließ sich besser transportieren und daher auch weitläufiger vermarkten. Das Dortmunder Bier wurde exportiert und fand Freunde im In- und Ausland. Als Mitglied des Hansebundes hatte es Dortmund leicht, sein Bier auch an Kunden in der Ferne zu verkaufen.
Nach den Wachstumsjahren kam es dann aber in Folge des Dreißigjährigen Krieges und der Reformation zum Niedergang des Dortmunder Brauwesens. Und nicht nur der verheerende Krieg machte den Brauern zu schaffen.
Auch die Trinkgewohnheiten hatten sich geändert. Durch den Überseehandel und den Kolonialismus kamen neue Getränke wie Tee, Kaffee und Kakao auf, die den Bierkonsum merklich geringer werden ließen.
Die Bierstadt Dortmund im 19. Jahrhundert
Nachdem das Brauwesen in Dortmund seinen Tiefpunkt überwunden hatte, ging es Mitte des 19. Jahrhunderts wieder bergauf mit der Brauwirtschaft. In ganz Deutschland wurde nun nach dem Deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut.
Bier darf demnach ausschließlich aus Wasser, Hopfen und Malz zubereitet werden. Diese Regelung verhalf dem deutschen Bier zu hoher Qualität und zu einem guten Ruf, was sich auch im Absatz bemerkbar machte.
In Dortmund spezialisierte man sich auf ein Bier bayerischer Brauart, das im Zuge der Industrialisierung einen Boom erlebte. Dortmund wurde durch Kohle und Stahl zum Industriezentrum, zu einer Arbeiterstadt – und das Bier zum Getränk Nummer Eins.
War es vorher nur möglich gewesen, Bier mithilfe von obergäriger Hefe zu brauen, die eine höhere Brautemperatur benötigt, konnten die Brauer seit der Erfindung der Kühlmaschine 1873 nun auch untergäriges Bier herstellen, für das sie eine kontrollierte Brautemperatur von höchstens zehn Grad Celsius benötigten.
Das helle untergärige Bier löste nun in Dortmund das bis dahin ausgeschenkte dunkle obergärige ab. Mit dem Siegeszug des untergärigen Bieres, das sich mithilfe moderner Kühltechnik das ganze Jahr hindurch brauen ließ, setzte aber auch ein Brauereisterben ein.
Statt vieler kleiner Brauereien gab es fortan mehr Großbrauereien. Die neue Technik war teuer, und nur große Brauereien konnten sich ein Kühlsystem leisten. Die Hausbrauereien blieben auf der Strecke.
1840 hatte es noch 74 Brauereibetriebe gegeben, doch bis 1895 schrumpfte die Zahl auf 28 Brauereien. Die Dortmunder Union zählte mit 100.000 Hektolitern zu den umsatzstärksten.
In Europa an der Spitze
Schon damals kannte man als weltweite Dortmunder Bierspezialität das Dortmunder Export. Mit dieser Biersorte, die weniger herb ist, aber haltbarer als das Pils, erwarb sich Dortmund den Ruf der Bierstadt Nummer 1.
1968 lag der Marktanteil von Exportbier in Deutschland bei 57 Prozent. Pils erreichte gerade einmal 19 Prozent. 1972 belief sich die Zahl der Arbeitnehmer im Dortmunder Brauwesen auf 5747 Personen.
In der Bierstadt wurden Anfang der 1970er jährliche 7,46 Millionen Hektoliter des deutschen Nationalgetränks hergestellt. Damit nahm Dortmund die Spitzenstellung in ganz Europa ein.
Die Zechenschließungen der 1980er-Jahre führten dann aber zu Massenentlassungen und zu einem Rückgang des Bierkonsums. Viele Brauereien mussten ihren Betrieb schließen.
Im Jahr 2000 wurden die 34 verschiedenen Dortmunder Biere von nur noch zwei Brauereien hergestellt. 2005 wurde die Schließung der Dortmunder Traditionsbrauerei Brinkhoff beschlossen. Seitdem braut die Dortmunder Actien-Brauerei (DAB) fast alle Biere in Dortmund. Bierfans können auch im städtischen Brauerei-Museum vorbeischauen – hier gibt es zum Beispiel Abfüll- und Flaschenreinigungsautomaten aus den 1950ern und eine Theke mit Zapfsäule aus den 1920er-Jahren zu besichtigen.
(Erstveröffentlichung 2014. Letzte Aktualisierung: 21.09.2018)