Tauchen

Berufstaucher – Profis im Taucheranzug

Berufstaucher gehen auch dann ins Wasser, wenn es eiskalt ist und die Sicht weniger als einen Meter beträgt.

Von Anke Riedel

Spezialisten mit Berufsrisiko

Oft ist die Arbeit mit körperlichen Strapazen verbunden oder mit wochenlangen Aufenthalten in einer Druckkammer unter dem Schiffsdeck. Wer sein Geld als Berufstaucher verdient, muss körperlich fit sein und mental stabil. Denn vor allem Industrietaucher haben einen Arbeitsplatz, der sich manchmal riskant weit unter dem Meeresspiegel befindet.

Berufstaucher sind in Deutschland keine einheitliche Berufsgruppe. Deshalb sind auch die Ausbildungszeiten unterschiedlich: Während Forschungstaucher schon nach wenigen Wochen mit Zertifikat ins Wasser dürfen, werden Minentaucher bei der Bundeswehr rund dreieinhalb Jahre lang geschult. Lediglich die Ausbildung als "Geprüfter Taucher" ist seit dem Jahr 2000 bundeseinheitlich geregelt.

Eins haben die Profis unter Wasser gemeinsam: Sie alle haben eine Qualifikation, die sie auch auf dem Trockenen ausüben könnten. Das Tauchen ist lediglich eine Zusatzausbildung. Unter Wasser wird repariert, instand gesetzt, gewartet, gebaut, gerettet, kontrolliert oder geforscht – genau wie an Land. Neben Industrie, Polizei, Feuerwehr und Militär setzt auch die Wissenschaft zunehmend auf Spezialisten im Taucheranzug.

Spezialisierte Berufstaucher verdienen relativ viel Geld in kurzer Zeit. Doch das Berufsrisiko ist nicht zu unterschätzen, und die psychische und körperliche Belastung sind enorm.

Eine anerkannte Berufskrankheit von Berufstauchern sind die aseptischen Knochennekrosen. Dabei kommt es in den langen Röhrenknochen (zum Beispiel Oberschenkel oder Schienbein) zur Entstehung von totem Gewebe.

Zudem wurden immer wieder Untersuchungen an Berufstauchern durchgeführt, um mögliche Störungen der Gehirn- und Nervenfunktionen zu untersuchen – in vielen Fällen zeigten sich tatsächlich Veränderungen des Nervensystems.

Einsatztaucher: Beruf mit hoher Belastung | Bildquelle: imago/Olaf Wagner

Tauchen für die Industrie

Der Bau von Öl- oder Gaspipelines unter Wasser ist nur etwas für Hartgesottene. Heute übernehmen überwiegend ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge, "Remotely Operated Vehicles" (ROV), den Einsatz in der Tiefe. Weltweit gibt es weniger als 30 Berufstaucher, die diesen Strapazen standhalten.

Von modernen Tauchschiffen gelangen sie zu ihren Einsatzgebieten – bis zu 180 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Taucher werden schon an der Wasseroberfläche unter den Druck gesetzt, der später in ihrer Arbeitstiefe herrscht.

Von nun an leben die Männer in einer speziellen Druckkammer. Beginnt der Einsatz, wird die Crew mit einer Tauchglocke auf den Meeresgrund gelassen. Hier steigen die Männer aus und beginnen ihre Arbeit. Im Anschluss geht es auf dem gleichen Weg wieder zurück in die Druckkammer.

In diesem Rhythmus bleiben die Berufstaucher wochenlang unter einem konstanten Druck – und können regelmäßig unter Wasser arbeiten. Damit der Körper sich wieder an den niedrigeren Druck, der an der Oberfläche herrscht, gewöhnen kann, muss dieser kontrolliert vermindert werden. Diese Dekompression wird auf das Ende der Arbeiten verschoben.

Nur wer die komplette Dekompressionszeit hinter sich gebracht hat, kann die Kammer wieder verlassen. Sollten in dieser Zeit also technische Probleme auftreten oder ein Unfall passieren, müssen sich die Taucher selbst zu helfen wissen. Denn bis Hilfe da ist, könnte es zu spät sein.

Privatsphäre gibt es in der Druckkammer nicht. Sogar die Toilette ist aus Sicherheitsgründen videoüberwacht. Dafür gibt es vor allem in der Dekompressionsphase viel Zeit zu überbrücken. Wer hier im Einsatz ist, muss mental äußerst stabil sein. Weit mehr als Industrietaucher, die punktuell eine Kläranlage warten oder eine Versorgungsleitung verlegen.

In großen Tiefen setzt die Ölindustrie auf ROVs | Bildquelle: Mauritius/Alamy

Retter unter Wasser

Die Suche nach Ertrunkenen gehört zu den Ereignissen, die Einsatztaucher am meisten belasten. Ob Wasserwacht, Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) oder Feuerwehr: Leichenbergung gehört zum Geschäft.

Oft ist der Unterwasser-Einsatz mit schwierigen Bedingungen verknüpft: ein Kampf gegen die Zeit oder gegen schlechte Sichtverhältnisse. Auch das Bergen von Autos oder anderen großen Gegenständen kann zur Herausforderung werden.

Die Retter eines Tauchtrupps sind mindestens zu dritt: ein Einsatztaucher, ein Sicherungstaucher, der im Notfall sofort für den Einsatztaucher da ist – und ein Leinenführer oder Signalmann, der an Land die Kommunikation mit dem Einsatztaucher führt.

Rettungstaucher müssen in der Regel eine ein bis zwei Jahre dauernde Ausbildung absolvieren. Auch nach bestandener Prüfung geht die Schulung weiter: Die Retter müssen jährlich eine bestimmte Anzahl an Tauchgängen nachweisen, um den Rettungstauchschein zu behalten. Jährliche Fortbildungen sollen den geprüften Einsatztauchern zusätzliche Sicherheit geben.

In vielen Regionen sind die Rettungstaucher an 365 Tagen im Jahr und 24 Stunden am Tag über die Leitstellen des Rettungsdienstes erreichbar. Denn im Zweifelsfall muss alles ganz schnell gehen – vor allem, wenn ein Mensch im Wasser verunglückt ist.

Die Arbeit der Einsatztaucher ist gefährlich. Spektakuläre Einsätze wie die Suche nach Vermissten auf dem gesunkenen Wrack des Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" sind aber eher die Ausnahme.

Zum Alltagsgeschäft der Einsatztaucher gehören auch die Abwehr von Gefahren oder Aufgaben rund um den Umweltschutz. So kamen die Rettungstaucher der DLRG auch zum Einsatz, um bei den verheerenden Hochwassern von Oder und Elbe die Deiche unter Wasser mit Folien abzudichten.

Rettungstaucher suchen nach Überlebenden | Bildquelle: ddp images/dapd/Joern Haufe

Wissenschaftler im Taucheranzug

Der wissenschaftliche Tauchnachwuchs besteht nicht nur aus Meeresbiologen und Unterwasserarchäologen. An den Tauchkursen zum "Geprüften Forschungstaucher", beziehungsweise zum "European Scientific Diver", nehmen die verschiedensten Fachrichtungen teil: vom Brückenbauingenieur über den Tauchmediziner bis zum Geoökologen.

In einem mehrwöchigen Kurs lernen die Teilnehmer das Wichtigste über das Tauchen, das wissenschaftliche Arbeiten unter Wasser und die Sicherheit.

Denn wie bei allen Berufstauchern steht auch bei den Forschungstauchern die Sicherheit im Vordergrund. Der Taucher im Wasser ist durch eine Signalleine – und bei besonders kniffligen Tauchbedingungen zusätzlich über eine Sprechverbindung – mit seiner Oberflächenmannschaft verbunden. Droht Gefahr, ist ein Sicherungstaucher blitzschnell im Wasser.

Auch in einer trüben Suppe wie der Nordsee, wo die Sicht weniger als einen Meter beträgt, geht kein Forschungstaucher verloren: Der Sicherungstaucher hakt sich im Notfall mit einem Karabiner an der Signalleine fest und taucht an dieser Leine entlang abwärts, bis er den Kollegen in Not gefunden hat. So ist der Forschungstaucher gut gesichert und kann sich in Ruhe auf seine wissenschaftliche Mission konzentrieren.

Taucher im Gehege eines Robben-Forschungsinstitutes | Bildquelle: WDR / picture alliance / WaterFrame

(Erstveröffentlichung 2012. Letzte Aktualisierung 13.07.2020)