Bild in vier Rechtecke aufgeteilt. Auf jedem Rechteck sind vier Menschen zu sehen, die ihre Gesichter in unterschiedlichen Nationalfarben angemalt haben.

Fußball-Weltmeisterschaft 2006

Tore, Rekorde, Kuriositäten der WM 2006

Jede Weltmeisterschaft lebt von den kleinen Begebenheiten auf und neben dem Platz. Die WM in Deutschland war ein Turnier der kleinen und großen Rekorde, der Kuriositäten und Anekdoten. Hier eine Auswahl.

Von Tobias Aufmkolk

Ronaldo (Brasilien)

Es ist schon erstaunlich, wie man mit dieser Leistung überhaupt drei Tore bei einer WM erzielen kann. Dass sich der brasilianische Star-Spieler Ronaldo (nicht zu verwechseln mit Cristiano Ronaldo von Portugal) mit diesen drei Toren in die Annalen der WM-Geschichte schoss, ist um so bemerkenswerter.

Häme und Spott musste er über sich ergehen lassen nach der schlechten Leistung im ersten Spiel der Brasilianer gegen Kroatien. Er sei viel zu dick und unbeweglich, zudem noch unglaublich lauffaul. Sein Teamkollege Kaka sagte nach dem Spiel: "Es ist schwer, Ronaldo anzuspielen, wenn er sich nicht bewegt".

Seinen Torinstinkt hatte er dennoch nicht verloren. Im Spiel gegen Japan konnte er gleich zweimal zuschlagen und zog somit gleich mit dem Rekord von Gerd Müller: 14 bei einer WM erzielten Tore. Und im Achtelfinale gegen Ghana konnte Kaka ihn dann doch einmal freispielen, Ronaldo erzielte bereits in der fünften Minute seinen 15. WM-Treffer.

Mit diesem Tor schoss er sich in der ewigen Bestenliste der WM-Torschützen auf den ersten Platz, auch wenn seine Leistungen nach wie vor zu wünschen übrig ließen. Ganz nebenbei stellte die brasilianische Mannschaft mit dem Sieg gegen Ghana noch einen weiteren WM-Rekord auf. Sie hatte elf WM-Spiele in Folge gewonnen, sieben bei der WM 2002 und vier bei der darauffolgenden in Deutschland.

Doch die Freude über diese Erfolge währte nicht lange. Genauso desolat wie Ronaldo präsentierte sich die gesamte brasilianische Mannschaft während des Turniers und schied im Viertelfinale gegen Frankreich aus.

Seitliche Aufnahme auf den lachenden Ronaldo. Er streckt den linken Daumen in die Luft.

Viel zu lachen gab es nicht für Ronaldo

Luiz Felipe Scolari (Portugal)

Er brachte den Erfolg nach Brasilien und Portugal: der brasilianische Trainer Luiz Felipe Scolari. 2002 war er mit der brasilianischen Mannschaft überlegen Weltmeister geworden. Statt weiterhin Nationaltrainer Brasiliens zu bleiben, verschlug es ihn 2003 nach Portugal.

Die portugiesische Nationalmannschaft wurde in den vorangegangenen Turnieren stets als Geheimfavorit gehandelt, musste aber meist frühzeitig die Segel streichen. Doch mit Scolari kam auch der Erfolg nach Portugal. Er formte aus einer Ansammlung von technisch starken Einzelspielern ein schlagkräftiges Team.

Bei der Europameisterschaft 2004 im eigenen Land schaffte er auf Anhieb den zweiten Platz, die Portugiesen verloren das Finale gegen Griechenland trotz drückender Überlegenheit nur knapp.

Bei der Weltmeisterschaft in Deutschland überstand Portugal ohne Niederlage die Vorrunde und schlug in zwei spannenden Spielen die Niederlande im Achtelfinale und England im Viertelfinale.

Für Scolari waren das zwölf WM-Spiele in Folge ohne Niederlage. Ein Rekord, den vor ihm noch kein anderer Trainer geschafft hatte.

Felipe Scolari jubelt

Scolari brachte den Erfolg nach Portugal

Kampfsport beim Duell Portugal – Niederlande

Mit Spannung wurde das Achtelfinale Portugal gegen die Niederlande erwartet. Den Namen nach trafen zwei der technisch besten und offensivstärksten Mannschaften aufeinander. Bei der Europameisterschaft 2004 hatten sich die beiden Teams noch ein packendes Duell geliefert. Packend wurde es diesmal auch, nur in einem ganz anderen Sinne.

Bereits in der siebten Minute verletzte der niederländische Abwehrspieler Boulahrouz den Portugiesen Cristiano Ronaldo so schwer, dass dieser wenig später unter Tränen ausgewechselt werden musste. Die Portugiesen nahmen die Härte der Niederländer an, in der Folgezeit kam es zu einem wüsten Getrete auf dem Platz.

Ein portugiesischer Spielr springt mit gestrecktem Bein auf einen niederländischen Spieler zu

Das Spiel glich phasenweise eher einer Kampfsportveranstaltung

Der russische Schiedsrichter Iwanow war von Anfang an mit dem Spiel überfordert. Er zückte die gelben Karten zu früh und zeigte die roten Karten nicht, als sie nötig gewesen wären. Fazit des Spiels: 16 gelbe Karten und vier gelb-rote Karten, ein trauriger Rekord in der WM-Geschichte. Die portugiesischen Schlüsselspieler Deco und Costinha waren für das wichtige Viertelfinale gesperrt.

Cristiano Ronaldos Verletzung fiel glücklicherweise nicht so schwer aus, wie zunächst angenommen. Altstar Luís Figo hatte Glück, dass sein Kopfstoß gegen van Bommel nur mit Gelb geahndet wurde und er gegen England spielen durfte. Schiedsrichter Iwanow durfte nach diesem Desaster zusammen mit den Niederländern seine Koffer packen.

Der russische Schiedsrichter Iwanow zeigt dem holländischen Spieler Boulahrouz die rote Karte.

Iwanow wusste sich nur mit Karten zu helfen

Enttäuschung für die Schweiz

Bitter endete die WM für die junge Schweizer Mannschaft. Da waren sie in den 390 Minuten, die sie bisher in dem Turnier absolviert hatten, ohne Gegentor geblieben und dann dieses Elfmeterschießen. Im Achtelfinale gegen die Ukraine kam es nach 120 torlosen Minuten zum großen Showdown.

Zugegeben, das Spiel war bis dahin wahrscheinlich das schlechteste der gesamten WM. Wenigstens das Elfmeterschießen sollte die Zuschauer für das Ausharren entschädigen. Dass es genauso unspektakulär verlaufen sollte wie das gesamte Spiel, konnte keiner ahnen.

Den ersten drei Schweizer Elfmeterschützen versagten allesamt die Nerven, die Ukrainer dagegen verwandelten ihre Strafstöße souverän. Somit durften die Eidgenossen als einzige Mannschaft der WM-Geschichte, die beim Elfmeterschießen kein einziges Mal getroffen hatte, nach Hause fahren.

Viel bitterer war aber die Tatsache, dass die Schweizer als erste Mannschaft ausgeschieden waren, die während der regulären Spielzeit in vier Spielen überhaupt keinen Treffer zugelassen hatte.

Großaufnahme auf einen Ball, der in der rechten unteren Ecke des Tores im Netz zappelt.

Dieser Moment blieb den Schweizern versagt

Oliver Kahn (Deutschland)

Die Zuschauer an der Fernsehschirmen wollten ihren eigenen Augen nicht trauen. War das wirklich Oliver Kahn, der Jens Lehmann vor dem entscheidenden Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Argentinien Glück wünschte, umarmte und den Kopf tätschelte? Das Verhältnis der beiden Weltklassetorhüter war seit Jahren sehr angespannt.

Als Jürgen Klinsmann bei Amtsantritt den Kampf um den Stammplatz als Torhüter bei der WM ausrief, kam es in der Folgezeit immer wieder zum verbalen Schlagabtausch der beiden Kontrahenten. Nachdem Lehmann sich einige Wochen vor der WM durchgesetzt hatte, rechneten viele mit dem sofortigen Rücktritt von Oliver Kahn. Doch der zeigte sich als fairer Verlierer und nahm ohne zu murren auf der Bank Platz.

Vor den entscheidenden Minuten gegen Argentinien zeigte der Münchner Torwart dann wahre Größe. Er beugte sich runter zu Lehmann und sprach ihm Mut zu. Eine Geste, die viele in Deutschland beeindruckte und dem oft ungeliebten Kahn viele Sympathien einbrachte.

Oliver Kahn macht vor dem Elfmeterschießen mit Jens Lehmann 'shake hands' und tätschelt ihm mit der anderen Hand den Kopf.

Eine Geste, die viele beeindruckte

Jens Lehmann revanchierte sich zwei Spiele später, indem er seinen Platz im Tor gegen Portugal freiwillig für Kahn räumte und ihm so zu einem würdigen Abschied aus der Nationalmannschaft verhalf. Den Tränen nahe sprach Kahn nach dem Sieg über die Portugiesen von einem der größten Momente seiner Karriere.

(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 13.06.2018)

Quelle: WDR

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