Import aus Frankreich
Bevor es Freiwillige gab, war das Löschen von Bränden jedermanns Angelegenheit. Man konnte bestenfalls auf Nachbarschaftshilfe rechnen. Die war oft nicht uneigennützig, wollte man doch verhindern, dass das Feuer auf das eigene Grundstück übergreift.
1811 ordnete der französische Herrscher Napoleon an, in Paris eine Freiwillige Feuerwehr aufzustellen, ehrenamtlich und vor allem streng militärisch geführt. Anlass war die Brandkatastrophe im Ballsaal bei seiner eigenen Hochzeitsfeier 1810.
Die seit dem frühen 18. Jahrhundert bestehende Pariser Feuerwehr hatte versagt. Sie bestand aus Handwerkern, die lediglich den Umgang mit der neu erfundenen Feuerwehrspritze gelernt hatten, aber völlig unorganisiert waren.
Bald darauf sah sich die damals französische Stadt Saarlouis durch die preußischen Truppen bedroht und richtete neben Bürger-Artillerie und -Kompanie 1814 gleich noch eine bewaffnete Kompanie der Pompiers ein, eine freiwillige Feuerwehr nach Pariser Vorbild.
Doch mit der Niederlage Napoleons 1815 in der Schlacht bei Waterloo übernahmen die Preußen die Stadt. Saarlouis wurde preußisch und seine Freiwillige Feuerwehr die erste deutsche.
Am Anfang war Muskelkraft gefragt
Freiwillige Feuerwehren wurden bald überall im deutschen Gebiet gegründet. Ihre ehrenamtlichen Mitglieder rekrutierten sich vor allem aus den örtlichen Turnvereinen, da für Löscharbeiten mit einfachem Gerät viel Muskelkraft erforderlich war.
1835 gründeten Sportsfreunde aus Kierspe-Neuenhaus im heutigen Nordrhein-Westfalen die "Spritzengemeinschaft". Sie gilt als die erste deutsche freiwillige Feuerwehr, die noch immer besteht.
Zu den technisch besten freiwilligen Feuerwehren zählte 1846 das "Pompier-Corps Durlach" im heutigen Baden-Württemberg. Ihr Mitbegründer war der Ingenieur und Spritzenhersteller Carl Metz aus Heidelberg.
Nachdem bei einem Großbrand in Karlsruhe 1847 das Pompier-Corps Durlach seine neue Spritze erfolgreich eingesetzt hatte, erschien ein Artikel in der örtlichen Zeitung, in dem der Begriff "Feuerwehr" erstmals auftauchte.
Freiwillige Retter in der Not
Ohne freiwillige Feuerwehren wären die Menschen in Deutschland heute katastrophal unterbetreut. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung wird ausschließlich von "Freiwilligen" betreut.
Bundesweit gibt es mehr als 22.000 freiwillige Feuerwehren mit etwa einer Million Mitgliedern (Stand: Dezember 2020). Da mehr als 30 Prozent der Gesamtbevölkerung in Städten lebten, reicht die Kapazität der gerade mal 110 Berufsfeuerwehren längst nicht aus.
Besonders in den Randgebieten der Großstädte sind die Freiwilligen meistens schneller an der Einsatzstelle. Sie unterstützen die Berufsfeuerwehr und sorgen für eine nötige Ablösung bei Großbränden. Wo eine Berufsfeuerwehr vor Ort ist, hat immer der Leiter der Berufsfeuerwehr das Sagen.
"Ehrenamtlicher Freiwilliger" kann werden, wer mindestens 16 Jahre alt ist und nicht älter als 60. Ein ärztliches Attest muss bezeugen, dass man körperlich und geistig fit ist. Dann heißt es Disziplin zeigen: Man ist verpflichtet, an Übungen, Lehrgängen und Einsätzen teilzunehmen. Zur Ausbildung gibt es in allen Bundesländern Feuerwehrschulen.
Warum freiwillig und nicht berufsmäßig?
Eine Berufsfeuerwehr verfügt über einen Löschzug mit 16 Mann Besatzung. Und ganz wichtig: Sie muss Tag und Nacht bereitstehen. Das kostet Geld. Kleine Städte oder Gemeinden können sich einen solch kostspieligen Dienst nicht leisten. Aus diesem Grund sind nur Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern und kreisfreie Städte verpflichtet, eine Berufsfeuerwehr zu unterhalten.
In manchen Bundesländern gelten aber auch andere Regeln – zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen. Der Grund: Hier übernimmt die Feuerwehr Aufgaben, für die in anderen Bundesländern externe Hilfsorganisationen zuständig sind, wie etwa der Rettungsdienst mit Krankenwagen und Notarzt. Wann eine Berufsfeuerwehr notwendig ist und wann eine freiwillige Feuerwehr, ist in den Gesetzen der einzelnen Bundesländer festgelegt.
Wenn man bundesweit die freiwilligen Feuerwehren durch Berufsfeuerwehren ersetzen wollte, wäre das für die Gemeinden nicht finanzierbar, ohne auf wichtige Sicherheitsstandards zu verzichten. Löschzüge gäbe es nur in größeren Städten. Die Anfahrt würde oft mehr als eine halbe Stunde dauern. Durch die Vielzahl der freiwilligen Feuerwehren kann ein Einsatzzug aber innerhalb von 15 Minuten vor Ort sein.
Auch die freiwillige Feuerwehr kostet Geld
Doch auch die freiwillige Feuerwehr ist nicht kostenlos. Löschzüge müssen ebenso finanziert werden wie Ausrüstung und Dienstkleidung der freiwilligen Mitglieder und Aus- und Fortbildung. Die Brandschutzgesetze der Bundesländer fallen dabei unterschiedlich aus. In allen heißt es zwar, dass niemand durch den ehrenamtlichen Dienst Nachteile erleiden darf.
Auch wenn die meisten der rund eine Million Mitglieder unbezahlt tätig sind, gibt es in der freiwilligen Feuerwehr bundesweit knapp 7000 Hauptamtliche, die ein Gehalt beziehen. Sie sind für die laufenden Aufgaben zuständig: Sie übernehmen kleinere Einsätze und müssen auf diese Weise nicht extra Freiwillige von ihrer Arbeitsstelle rufen. Dazu kommen organisatorische und Verwaltungsaufgaben wie Einsatzvorbereitungen und das Erstellen von Einsatzplänen.
Auch im technischen Bereich sind Hauptberufliche unerlässlich. Da wird das Schlauchmaterial gewaschen, getrocknet, geprüft und gegebenenfalls repariert. Atemmasken und Chemieschutzanzüge müssen gewartet werden.
Hauptamtliche arbeiten in der KFZ-Werkstatt, wo Inspektionen, Einbauten und Reparaturen durchgeführt werden. Und schließlich sind sie in der Elektro- und Funkwerkstatt beschäftigt, wo sie Funkgeräte und Meldeempfänger warten und sich um die EDV-Systeme kümmern.
Wenn nicht freiwillig, dann Pflicht
Es gibt aber auch Pflichtfeuerwehren. Sie sind recht selten und werden nur eingerichtet, wenn sich keine Freiwilligen zur Feuerwehr melden. In solchen Fällen werden Personen zwischen 18 und 50 Jahren verpflichtet. Angehörige bestimmter Berufsgruppen, wie zum Beispiel Polizei, Bundeswehr und Hilfsorganisation, können sich von der Pflicht befreien lassen.
Die Pflicht ist in den meisten Gemeinden auf zehn Jahre begrenzt. Wer ihr nicht nachkommt, muss mit einem Bußgeld rechnen. 2008 gab es auf der Insel Sylt ein solches Problem. Die elf Feuerwehren der Nordseeinsel schafften es nicht, genügend Freiwillige zum Ehrenamt zu bewegen. Besonders der Ort List war betroffen. Dort zählte man statt der notwendigen 43 Feuerwehrleute nur 18. Die fehlenden 25 Leute mussten daher verpflichtet werden.
Auch in Pietzpuhl in Sachsen-Anhalt gab es zu wenige Mitglieder, was 2008 zur Pflichteinberufung führte. In Malchow, in Mecklenburg-Vorpommern, geschah dagegen etwas Außergewöhnliches: Der Bürgermeister löste 2006 die freiwillige Feuerwehr auf, weil er ihr nachweisen konnte, dass sie Spendengelder ordnungswidrig verwendet hatte. Er bestimmte eine Pflichtfeuerwehr mit neuen Leuten.
(Erstveröffentlichung 2010. Letzte Aktualisierung 16.01.2023)