Als der englische Dichter William Shakespeare um 1590 nach London kam, waren Theater für die normalen Bürger noch eine relativ neue Erfindung. Zuvor waren Bühnenstücke vor allem am königlichem Hof oder in größeren Gasthöfen aufgeführt worden.
Ab 1567 eröffneten in London gleich mehrere Theaterhäuser: das "Red Lion" (Roter Löwe) etwa, das "Theatre" oder das "Curtain" (Vorhang). Sie standen vor den Toren der Stadt am Ufer der Themse, in der Nähe von Gefängnissen, Friedhöfen und Bordellen – nicht gerade in der besten Gegend also, denn sie galten als laut und als Anziehungspunkt für Diebe und andere Kriminelle.
Viele Theater konnten sich nur über Wasser halten, indem sie neben Bühnenstücken auch andere Formen der Unterhaltung boten: Schwertduelle etwa und Hahnen- oder Bärenkämpfe. Die ersten Theater waren rund und nach oben größtenteils offen.
Das Besondere war die Nähe des Publikums zur Bühne. Am preiswertesten waren die Stehplätze im Innenraum, wo sich deshalb Massen von Zuschauern drängelten. Anders als heute waren es die weiter entfernten Plätze in den höheren Etagen, für die man mehr Geld bezahlen musste. Denn dort in der Galerie gab es Sitzplätze und ein Dach über dem Kopf.
Die Londoner waren zur Zeit von Königin Elisabeth I. begeisterte Theaterfans und selbst die ärmeren Arbeiter konnten sich eine Eintrittskarte leisten. So strömten die Menschen oft zu Tausenden herbei – und das schon am frühen Nachmittag, denn die Aufführungen mussten noch bei Tageslicht abgehalten werden, weil es noch kein elektrisches Licht gab.
1599 ließ sich die Schauspieltruppe um Shakespeare und ihren Hauptdarsteller Richard Burbage dann ein eigenes Gebäude errichten: das "Globe Theater", Spitzname "Hölzernes O" – ein nahezu runder Fachwerkbau mit etwa 30 Metern Durchmesser. Bis zu 3.000 Menschen fanden hier Platz.
Um diese Zeit war Shakespeare bereits ein Star der Theaterwelt und ein Publikumsmagnet. Im Frühjahr 1599 wurde das "Globe" feierlich eröffnet und war schnell sehr erfolgreich. Viele seiner berühmten Stücke wurden eigens für das "Globe" geschrieben.
Allerdings war dem Gebäude keine lange Lebenszeit gegönnt, bis es zerstört wurde: 1613 fing das Strohdach bei einer Aufführung des Dramas "Heinrich VIII" Feuer, und das gesamte Globe-Theater brannte innerhalb von zwei Stunden bis auf die Grundmauern nieder.
Kurz danach verließ Shakespeare seine Wahlheimat London und kehrte zurück zu seiner Frau und Familie nach Stratford, wo er 1616 starb. Das wieder aufgebaute "Globe" gab es noch bis 1642, dann wurden alle Londoner Theater auf Befehl des Parlaments wegen des englischen Bürgerkriegs geschlossen.
Knapp 400 Jahre nach dem ersten "Globe" eröffnete 1997 ein originalgetreuer Nachbau am Südufer der Themse. Er lockt inzwischen jährlich mehr als eine Million Besucher und Touristen an und gehört zu den attraktivsten Sehenswürdigkeiten Londons.
(Erstveröffentlichung 2023. Letzte Aktualisierung 17.11.2023)
UNSERE QUELLEN
- Bill Bryson: "Shakespeare. The World as a Stage". William Collins Verlag, 2012
- Katharina Mahrenholtz: "Theater! Dichter und Dramen". Hoffmann und Campe Verlag, 2014
- Shakespeare's Globe: "Everything you need to know about the Globe Theatre at Shakespeare’s Globe"
- Shakespeare Birthplace Trust: "When Did Shakespeare Go to London?"
- Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wegen Corona: Globe Theatre in London kämpft um seine Existenz"