Heinrich IV. dargestellt in einem Holzstich im Schlosshof zu Canossa

Die Salier

Heinrich IV. und Canossa

Beim berühmten "Gang nach Canossa" musste sich der Salierkönig Heinrich IV. dem Papst unterwerfen. Sein Bittgang markierte den Anfang einer endlosen Abfolge von Siegen und Niederlagen in seinen 50 Jahren Herrschaft.

Von Sabine Kaufmann

Der junge Heinrich IV.

Jeder große Herrscher fängt einmal klein an: Heinrich ist sechs Jahre alt, als sein Vater stirbt. Für den König im Kindesalter führt seine Mutter Agnes die Regierungsgeschäfte. Sie stützt sich auf einen Beraterkreis von Ministerialen.

Der Einfluss der Berater auf die Herrschaft wächst so stark, dass es die Fürsten des Reiches auf den Plan ruft – allen voran den Bischof Anno von Köln. Sie entführen den jungen Heinrich, der nun in der Obhut des Kölner Bischofs aufwächst.

Im Alter von vierzehn Jahren erhält Heinrich die Schwertleite und wird für mündig erklärt. Wegen des bedeutenden Silberbergbaus in der Region konzentriert er seine Politik zunächst auf das Herzogtum Sachsen.

Er lässt zahlreiche Höhenburgen wie die Harzburg errichten, was den Unmut der Sachsen heraufbeschwört. Die Unzufriedenheit über den jungen Salier-König wächst. Es kommt zum Krieg und Heinrich muss zunächst der Übermacht seiner Gegner weichen.

Doch die sächsischen Bauern plündern die Harzburg, wo ein Bruder Heinrichs begraben liegt. Die Grabesschändung erzürnt die anderen Fürsten des Reiches und sie unterstützen nun den König. Die Sachsen werden vernichtend geschlagen und Heinrich IV. ist auf dem Gipfel seiner Macht. Ausgelassen feiert er seinen Sieg.

Während eines Gelages erreicht ihn ein Brief des Papstes. Gregor VII. macht darin eindeutig klar, dass er den Gehorsam des Königs in allen strittigen Fragen zwischen Kirche und Krone erwartet.

Hauptstreitpunkt ist die Besetzung des Erzbischofstuhls in Mailand. Für Heinrich IV. ist dieser Brief ein Affront. Unter keinen Umständen will er sich dem Papst fügen.

Canossa

In der Auseinandersetzung, wer das eigentliche Oberhaupt der Christenheit sei, greift Papst Gregor VII. zum äußersten Mittel und exkommuniziert Heinrich IV. Der Bannspruch ist etwas Einmaliges, völlig Undenkbares.

Der Papst entbindet Heinrich IV. von seiner Herrschaft über das Reich, außerdem löst er alle Christen von dem Eid, den sie auf den König geleistet haben. Die Folgen sind gravierend: Die Fürsten im Reich verweigern Heinrich die Gefolgschaft.

Heinrich IV. hat keine andere Wahl. Im Winter 1077 muss er über die verschneiten Alpen nach Canossa ziehen. Nur eine Gruppe von wenigen Getreuen begleitet ihn.

In Canossa bittet Heinrich IV. den Papst weinend und im Büßerhemd um Absolution. Drei Tage verbringt er barfuß im Schnee. Der Papst muss Heinrichs Reue anerkennen und spricht ihn vom Bann frei.

Widersacher im Reich

Doch die Fürsten im Reich rebellieren weiter. In der Kaiserpfalz Forchheim haben sie sich versammelt und propagieren das Wahlkönigtum. Sie wählen den verdienten Feldherrn Rudolf von Rheinfelden zum Gegenkönig. Zwischen Heinrichs Getreuen und Gegnern entflammt ein heftiger Bürgerkrieg.

1080 kommt es zwischen den Parteien zur Entscheidungsschlacht in Thüringen an der Elster. Heinrichs Heer unterliegt. Doch seinem Gegenspieler Rudolf von Rheinfelden wird die rechte Hand, die Schwurhand, abgeschlagen. Das gilt als Gottesurteil. Einen Tag später stirbt Rudolf an seinen Verletzungen.

Heinrich nutzt die Gunst der Stunde und zieht nach Italien. Er will den Papst aus seinem Amt verjagen. Die Römer halten die Stadtmauer geschlossen. Nach einer Belagerungszeit von über einem halben Jahr gelingt es ihm, die Stadt einzunehmen.

Gregor VII. flieht in die Engelsburg. Nun wird der Papst exkommuniziert und Heinrich IV. lässt sich vom päpstlichen Nachfolger in der alten Peterskirche zum Kaiser krönen. Dieser Akt ist der Höhepunkt seiner Regentschaft.

Papst Gregor VII.

Heinrich IV. ließ Papst Gregor VII. exkommunizieren

Doch in den folgenden Jahren kommt das Reich nicht zur Ruhe. Wieder steht Heinrich IV. mit der Kirche auf Kriegsfuß. Abermals wird er gebannt.

In Regensburg stellt sich Heinrichs Sohn 1104 an die Spitze einer Gruppe junger Fürsten, die den alten Kaiser entmachten will. Mit ihren Heeren ziehen Vater und Sohn den Rhein hinauf und treffen sich in Koblenz. Sie versprechen einander, den Frieden zu wahren. Außerdem beschließen sie, ihren Zwist über die Machtfrage auf einem Hoftag in Mainz zu klären.

Der spätere Heinrich V. überredet seinen Vater, sich zu seinem eigenen Schutz in die Burg Böckelheim an der Nahe zu begeben. Dort wird Heinrich IV. gefangengenommen und gezwungen, die Reichsinsignien herauszugeben.

Dann bringt man den Gefangenen in die Pfalz von Ingelheim. Heinrich IV. verzichtet auf die Königswürde. Ihm gelingt die Flucht. Doch ein halbes Jahr später stirbt er in Lüttich, ohne vom Bann befreit zu sein.

(Erstveröffentlichung 2011. Letzte Aktualisierung 14.04.2020)

Quelle: SWR

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