Frankfurter Paulskirche
Planet Wissen. 00:43 Min.. Verfügbar bis 21.05.2029. WDR. Von ZDF/Terra X/Faber Courtial/Jörg Courtial/CC BY-SA 4.0, https://terraxplaincommons.zdf.de.
Deutsche Geschichte
Deutsche Revolution 1848/49
Die Französische Revolution von 1789 ist weltberühmt – und auch in Deutschland gab es einige Jahrzehnte danach eine Revolution: 1848 versuchte das Volk, die große Macht der adeligen Herrscher zu verringern und selbst mehr Mitspracherechte zu erkämpfen.
Von Claudia Friedrich
Die Deutsche Revolution 1848/49 war ein politisches Erdbeben. Damals gab es kein Deutschland wie heute. Das von Deutschen bewohnte Mitteleuropa war in viele kleine und große Staaten zersplittert, die im so genannten Deutschen Bund nur lose zusammengefasst waren.
Nach dem Wiener Kongress von 1814/15 mussten die Menschen die Politik weiterhin im Wesentlichen den adeligen Herrschern ihrer Staaten überlassen. Wer das kritisierte, musste mit Zensur und Verfolgung rechnen. In der Zeit vor der Revolution, dem so genannten Vormärz, versuchte das Bürgertum vergeblich, mehr politisches Mitspracherecht zu bekommen.
Schon lange vor der Revolution wuchs der Wunsch nach mehr Freiheit
Nachdem 1848 in Frankreich der König zur Abdankung gezwungen und die französische Republik ausgerufen worden war, sprang der Funke nach Deutschland über, genauer: ins Großherzogtum Baden. Am 27. Februar 1848 beschloss eine Versammlung von Mannheimerinnen und Mannheimern eine so genannte Petition, also eine Liste mit klaren Forderungen: Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Gerichte mit Geschworenen auch aus dem Volk und ein deutsches Parlament.
Im März wurden die so genannten Märzforderungen am Regierungssitz Karlsruhe erneut vorgebracht. Großherzog Leopold I. von Baden stimmte den Forderungen zu und bildete ein "Märzministerium", das einige davon umsetzen sollte.
Die Mannheimer Petition verbreitete sich wie ein Lauffeuer und diente auch in anderen deutschen Staaten als Vorbild für ähnliche Märzforderungen. In einigen Ländern wie Österreich und Preußen kam es allerdings auch zu blutigen Barrikadenkämpfen.
Barrikadenkämpfe im Revolutionsjahr 1848
Zunächst hatte die Revolution Erfolg: Im Frühjahr 1848 fanden die ersten demokratischen Wahlen in Deutschland statt.
Ab dem 18. Mai 1848 tagte in Frankfurt am Main das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament, die Nationalversammlung. Als rund 400 Abgeordnete aus sämtlichen Staaten des Deutschen Bundes in die Paulskirche einzogen, schwenkten die Menschen Fahnen in Schwarz-Rot-Gold – diese Farben waren zum Symbol für Freiheit und Einigkeit geworden.
Erste Sitzung des deutschen Parlaments 1848
Im Parlament wurde dann darüber gestritten, welche Staatsform in Zukunft gelten sollte. Die Demokraten forderten eine Republik ohne Adel. Die Liberalen, die im Parlament die Mehrheit hatten, stimmten für einen Zusammenschluss der Staaten des deutschen Bundes, aber ohne Österreich.
Es sollte eine konstitutionelle Monarchie sein – also ein Staat mit einem mächtigen Parlament und einem Kaiser als Oberhaupt. Am 28. März 1849 wurde der Beschluss über diese Verfassung feierlich verkündet.
So wurden in der ersten Verfassung Deutschlands mit vielen demokratischen Elementen auch die Menschenrechte als Grundrechte des deutschen Volkes festgeschrieben. Den Posten des Kaisers bot die Nationalversammlung dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. an.
König Friedrich Wilhelm IV. wollte nicht von Politikern zum Kaiser gemacht werden
Doch der lehnte die Kaiserkrone ab. Er verstand sich als Herrscher von Gottes Gnaden und nicht als jemand, der von Politikern dazu berufen werden konnte.
Der Präsident der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, und viele andere Abgeordnete traten daraufhin zurück. Von den rund 600 Abgeordneten der Nationalversammlung blieben nur etwa rund 130 übrig, die im Mai 1849 nach Stuttgart zogen.
Doch dort hinderten württembergische Soldaten sie nach kurzer Zeit an ihrer Arbeit. Auch anderswo wurden Landesparlamente aufgelöst und Aufstände niedergeschlagen. Am 23. Juli 1849 kapitulierten die letzten Revolutionäre in der Festung Rastatt. Damit war die Deutsche Revolution vorbei – die adeligen Herrscher hatten ihre Macht zurückerobert. Die Paulskirche, einst Wiege der deutschen Demokratie, wurde ein Symbol für das Scheitern der Revolution.
Die Paulskirche in Frankfurt heute
Danach flohen Tausende Menschen aus Deutschland, vor allem nach Nordamerika. Unter ihnen waren auch viele Anführer der gescheiterten Revolution wie Gustav Struve, Friedrich Hecker und Lisette Hatzfeld.
Dennoch wurde der kurzlebige Modellstaat ein Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte. Und vieles, was die Revolutionäre damals forderten, ist heute erfüllt: das allgemeine Wahlrecht, die Pressefreiheit, Menschenrechte und Bürgerrechte in einem vereinigten Deutschland.
(Erstveröffentlichung 2024. Letzte Aktualisierung 14.03.2024)
FACHBERATUNG
Dr. Björn Onken
Akademischer Rat, Lehrstuhl Didaktik der Geschichte, Universität Duisburg-Essen
UNSERE QUELLEN
- Ferdinand Gregorovius: "Europa und die Revolution. Leitartikel 1848-1850". Verlag C.H. Beck, München 2017
- James Hawes: "Die kürzeste Geschichte Deutschlands". Ullstein Taschenbuch. Berlin, 2019
- Alexandra Bleyer: "1848. Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution". Reclam Verlag, Ditzingen 2022
- Dieter Hein: "Die Revolution von 1848/49". Verlag C.H. Beck Wissen. München, 6/2019
- Klaus Ries: "Europa im Vormärz. Eine transnationale Spurensuche". Schriften der Siebenpfeiffer-Stiftung, Band 10. Thorbecke Verlag, Ostfildern 2016
- Mannheim-Archiv Marchivum: "Petition vom 27.2.1848, die Mannheimer Märzforderungen" (Reproduktion)
- Amalie Struve: "Erinnerungen aus den badischen Freiheitskämpfen den deutschen Frauen gewidmet". Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 1850
- Georg Büchner: "Der hessische Landbote. Friede den Hütten! Krieg den Palästen! Große Klassiker zum kleinen Preis, Band 168". Anaconda Verlag, Köln 2014
- ZEIT Online: "Nach 1848 war nichts mehr wie zuvor". Interview mit Christopher Clark, Professor für Neuere und europäische Geschichte am St. Catherine’s College in Cambridge (21.09.2023)
- Stadt Frankfurt am Main: "Historische Sehenswürdigkeiten – Paulskirche"
- Demokratie-Geschichte.de: "Paulskirche, Frankfurt/Main"
- Deutsches Historisches Museum / Lebendiges Museum Online: "März 1848 – Revolution in Berlin" (03/2012)
- WELT Geschichte: "Märzrevolution 1848. Als der König befielt, 'den Schlossplatz zu säubern', beginnt ein blutiger Kampf" (28.03.2023)
- Deutscher Bundestag: "Robert Blum". Comic von Simon Schwarz (2019)
- Museen Köln: "Erschossen wie Robert Blum" (11/2008)
Quelle: WDR