1917: Russische Revolution und US-Kriegseintritt
Es gab zwei entscheidende Entwicklungen im Jahr 1917: erstens die Russische Revolution ab Februar 1917 und zweitens der Kriegseintritt der USA auf Seiten der Entente. Die USA hatten sich zu Kriegsbeginn für neutral erklärt, zugleich aber belieferten sie die Entente mit Kriegsmaterial und anderen Gütern.
Das ging nur auf dem Seeweg. Der aber wurde mehr und mehr durch deutsche U-Boote gefährdet, die gegen die britische Blockade auf See kämpften, welche Deutschland vom Nachschub abschnitt.
Im Kampf gegen die Blockade begann das Deutsche Reich 1917 den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, in dem Schiffe der Entente ohne Vorwarnung torpediert und versenkt wurden. Dagegen protestierten die USA erfolglos und erklärten daraufhin im April 1917 dem Deutschen Reich den Krieg.
Auf deutscher Seite hatte man die USA vollkommen unterschätzt. Mit ihr war nun auf die Seite der Entente eine Macht getreten, die einen Sieg der Mittelmächte für immer unwahrscheinlicher erscheinen ließ.
In Russland hatte der Krieg zu großem Elend der Bevölkerung geführt. Als sich zu Beginn des Jahres 1917 die Versorgungslage noch weiter verschärfte und die Preise weiter stiegen, brach in St. Petersburg die Revolution aus.
Im März musste Zar Nikolaus II. abdanken. Die ihm nachfolgende provisorische Regierung jedoch versuchte den Krieg gegen die Mittelmächte fortzusetzen, und begann neue Offensiven, die scheiterten.
Nach und nach wurden nun die Kommunisten in Russland einflussreicher und konnten in der Revolution Anfang November 1917 (nach russischer Zeitrechnung Ende Oktober 1917) die Macht übernehmen.
Sie gingen daraufhin auf eine der wichtigsten Forderungen der Bevölkerung ein, indem sie den Krieg mit Deutschland beendeten, zunächst durch einen Waffenstillstand Anfang 1918.
Dann folgte der Friedensvertrag von Brest-Litowsk, durch den das Deutsche Reich weite Teile Russlands unter seine Kontrolle brachte. Allerdings handelte es sich dabei weniger um einen Vertrag als um ein Diktat, in dem sich die Deutschen durchsetzten.
Das Deutsche Reich hoffte nun, mit den Truppen, die von der Ostfront an die Westfront verlegt werden konnten, den Krieg doch noch zu gewinnen.
1918: Kriegsende am 11. November
Die USA verfügten bei ihrem Kriegseintritt nur über eine kleine Berufsarmee und mussten nun in kurzer Zeit ein großes Massenheer aufstellen. So waren sie zu Beginn des Jahres 1918 noch nicht zu einem entscheidenden Eingreifen an der Front im Westen bereit.
Die deutsche Seite versuchte, diese Zeit zu nutzen und ab März 1918 eine Entscheidung zu erzwingen. Sie verfügte über etwa 3,5 Millionen Soldaten an der Westfront, etwa ebenso viele wie die Entente zu diesem Zeitpunkt. Es gelangen ihr Durchbrüche durch die Front, teils 60 Kilometer tief, und auch die Gefangennahme von 90.000 britischen Soldaten.
Aber dann waren die kämpfenden Truppen völlig erschöpft und neue nicht mehr verfügbar. Die Entente konnte die Front wieder schließen. Zwar gelangen den Deutschen dennoch in den kommenden Monaten mehrfach große Geländegewinne, aber im Sommer wendete sich das Blatt.
Nun begannen die großen Gegenoffensiven der Entente, jetzt mit Unterstützung frischer US-amerikanischer Truppen, am Ende gut zwei Millionen Mann. Die Entente setzte nun massiv Panzer ein, denen die Deutschen nichts entgegenzusetzen hatten. Insgesamt rund 6000 Panzer hatten die Alliierten im Krieg produziert, die Deutschen nur 20.
Die Widerstandskraft der deutschen Truppen war gebrochen, die Lage war für sie aussichtslos. Ende September befürwortete die Oberste Heeresleitung der Deutschen, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und Generalquartiermeister Erich Ludendorff, die Einleitung von Waffenstillstands-Verhandlungen.
Sie forderten dabei auch bewusst die Entsendung einer zivilen Delegation zu den Verhandlungen mit der Entente. So wollten sie die Verantwortung für die Niederlage auf Zivilisten abwälzen.
Damit legten sie den Grundstein für die sogenannte Dolchstoßlegende, nach der das deutsche Heer "im Felde unbesiegt" war und die Niederlage allein dadurch zustande kam, dass das Heer von hinten, aus Deutschland, von Zivilisten quasi erdolcht worden war.
Diese Legende wurde von weiten Teilen der Bevölkerung geglaubt, denn zum einen hatte ihnen die Kriegspropaganda jahrelang große Überlegenheit und einen baldigen Sieg vorgegaukelt, zum anderen standen ja deutsche Truppen bei Unterzeichnung des Waffenstillstands noch weit im "Feindesland". Es war also für die Menschen in Deutschland nicht ersichtlich, dass die Truppen geschlagen waren.
Nach langen Vorverhandlungen zwischen der deutschen Reichsregierung und der Entente beziehungsweise dem US-Präsidenten Woodrow Wilson trafen sich endlich am 8. November 1918 zwei Delegationen zu Waffenstillstands-Verhandlungen.
Auf Seiten der Entente hatte der Oberbefehlshaber Ferdinand Foch die Leitung, auf Seiten der Deutschen der Politiker und Staatssekretär Matthias Erzberger. Zu Verhandlungen sollte es dann aber doch nicht kommen.
Foch forderte die bedingungslose Annahme der Waffenstillstandsbedingungen und lehnte Verhandlungen darüber ab. Die Kernpunkte waren: der Rückzug der deutschen Truppen nach Deutschland innerhalb von 15 Tagen, die Besetzung der linksrheinischen deutschen Gebiete durch Truppen der Sieger und die Annullierung des deutsch-russischen Friedensvertrages von Brest-Litowsk.
Erzberger sah sich nach Rücksprache mit Hindenburg, der seinerseits angesichts der aussichtslosen militärischen Lage die Annahme der Bedingungen befürwortete, gezwungen, den Waffenstillstand in der geforderten Form anzunehmen.
Am 11. November 1918 unterzeichneten Foch und Erzberger den Waffenstillstand in einem Eisenbahnwaggon im Wald von Compiègne in Nordfrankreich. Er trat am selben Tag in Kraft. Die Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs waren beendet.
Den Krieg selbst beendete erst eine Reihe von Verträgen, die 1919 geschlossen wurden, unter anderem der Vertrag von Versailles. Aber auch danach waren die Auswirkungen dieses bis dahin größten und opferreichsten Krieges der Weltgeschichte noch viele Jahre sehr präsent, ja er prägt die Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg entscheidend.
Die Zahl der Opfer
Rund 65 Millionen Soldaten wurden insgesamt im Ersten Weltkrieg eingesetzt. Von ihnen starben neun Millionen. Die Zahlen der Toten:
- 2,04 Millionen Soldaten aus dem Deutschen Reich
- 1,8 Millionen Soldaten aus Russland
- 1,46 Millionen Soldaten aus Österreich-Ungarn
- 1,33 Millionen Soldaten aus Frankreich und etwa 78.000 aus den französischen Kolonien
- 750.000 Soldaten aus Großbritannien und Irland und 103.000 Tote aus den britischen Kolonien
- 460.000 Soldaten aus Italien
- 325.000 Soldaten aus dem Osmanischen Reich
- 250.000 Soldaten aus Serbien und Montenegro
- 250.000 Soldaten aus Rumänien
- 117.000 Soldaten aus den USA
- 88.000 Soldaten aus Bulgarien
- 77.000 Soldaten aus Australien und Neuseeland
- 38.000 Soldaten aus Belgien
- 25.000 Soldaten aus Griechenland
Hinzu kamen Millionen Soldaten, die physisch und/oder psychisch versehrt waren. Allein für Deutschland wird ihre Zahl auf 2,7 Millionen Männer geschätzt.
Die Zahl der durch den Krieg ums Leben gekommenen Zivilisten ist unklar. In jedem Fall muss von mehreren Millionen ausgegangen werden. Allein für Deutschland wird geschätzt, dass 700.000 Menschen während des Ersten Weltkriegs verhungerten.
(Erstveröffentlichung 2014. Letzte Aktualisierung 22.10.2019)